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Bengt Bergt SPD
Bengt
Bergt
SPD
Moin, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Herr Lange, dass die CSU und Sie als deren Vertreter die Tür nach rechts aufmachen, das wundert mich schon gar nicht mehr. Aber dass Sie, ausgerechnet Sie als CSU-Vertreter, das Verkehrsressort anschießen, das Sie jahrzehntelang verwaltet und in dem Sie ein Trümmerfeld hinterlassen haben, ist eine bodenlose Frechheit. Ich will aber zur Sache kommen und ein paar Sachen auf den Punkt bringen. Wir fangen mal mit dem zeitlichen Rahmen an. Sie wissen: Bis 2030 wollen wir die Menge des aus erneuerbaren Quellen erzeugten Stroms verdoppeln. Das heißt, die Zeit rennt. Bis zum 31. Dezember 2029 sind es noch 2 496 Tage. Bis dahin müssen wir noch Turbinen für 113 Gigawatt aus Wind an Land zubauen. Bei 5 Megawatt pro Turbine sind das 22 633 Windturbinen. Das sind neun pro Tag. Das schaffen wir nicht, wenn Projektierer 70 000 Seiten und 80 Aktenordner für fünf Windräder brauchen. Und wehe, die geplante Windturbine bekommt noch ein Software-Upgrade oder wird sogar effizienter oder steht einen halben Meter zu weit links oder rechts; dann wird das Gleiche glatt noch mal fällig. Wenn Sie es dann nach Jahren geschafft haben, mal ein Projekt unter Auflagen zu bauen, müssen Sie sich 20 Jahre lang um Flora und Fauna im Windpark kümmern. Sie müssen Pfützen gießen, damit die Frösche nicht verdursten, und Sie müssen auf der Zufahrt die Kanten der Steinchen prüfen, damit der Lurch sich nicht den Bauch wundläuft. Meine Damen und Herren, damit wir uns nicht missverstehen: Das ist wichtig für Flora und Fauna, für die Umwelt und die Tiere. Aber es ist nicht das, was die Betreiber tun sollen. Das sind Ingenieure und Techniker. Mensch, die sollen Windturbinen bauen und Projekte planen! Es ist doch viel sinnvoller, dass das jetzt Leute tun, die davon Ahnung haben. Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kraft von der AfD-Fraktion? Nein, nicht in diesem Leben. Wenn es keine anderen Möglichkeiten zum Umwelt- und Artenschutz gibt, sind doch zweckgebundene Ausgleichszahlungen sinnvoll. Dann können das die Leute tun, die davon Ahnung haben. Wir entlasten also die Projektplaner. Es geht aber auch um schnellere Verfahren; denn Entlastung ist gut, nützt aber nix, wenn die Anlagen nicht genehmigt werden. Mit dem Gesetz, das wir heute beschließen, werden wir einige Tausend Seiten Kopien pro Windrad sparen. Das ist übrigens auch etwas, was der Natur guttut, weil wir dafür keine Bäume fällen müssen. In Jahren ausgedrückt, sind das pro Windpark circa ein bis zwei Jahre, die wir damit einsparen werden. Das ist Rückenwind für die Energiewende, und das brauchen wir. Wir brauchen zum Beispiel auch die Beschleunigung, indem wir endlich mit den verfügbaren Flächendaten arbeiten und nicht immer wieder neue Daten erheben. Wir sorgen also dafür, dass die Position oder die Ausstattung von Turbinen in den genehmigten Windparks auch noch dann verändert werden kann, wenn es mal kleine Veränderungen gibt. Wir machen es doch sonst auch so: Wir tauschen doch auch die Klamotten, wenn sie nicht passen. Das ist doch kein Hexenwerk; das ist pragmatisch, das ist gut, und es dient dem Gemeinwohl. Meine Damen und Herren, „Gemeinwohl“ ist auch das Stichwort. Wir tun endlich das, was wir die letzten Jahre so sträflich vernachlässigt haben. Gemeinwohl darf eben nicht bedeuten, dass Interessen Einzelner die Interessen der Gesellschaft aushebeln können. Jeder und jede konnte mit seiner Beschwerde jedes Vorhaben aushebeln, verzögern, Investitionen in wirklich gute Dinge zerstören. Jetzt bauen wir mit der Verfahrensbeschleunigung wieder das Gemeinwohl in die Gesetzgebung ein. Das bedeutet: Wir machen Tempo, wenn es darum geht, den kommenden Generationen, die heute hier auch demonstrieren werden, eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Wir haben zu viel Zeit dafür vertändelt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken und von der Union, wenn Sie diese Ziele teilen, wenn Sie endlich mithelfen wollen, Deutschland zukunftsfit und klimaneutral zu machen, dann stimmen Sie heute mit uns zu. Vielen Dank.
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Lisa Paus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Lisa
Paus
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörende an den Fernsehgeräten! Veränderung braucht Halt. Veränderung braucht Sicherheit. Das ist uns Grünen, glaube ich, noch viel präsenter als vielen anderen; denn wir wissen, was für eine gewaltige Aufgabe vor uns liegt und wie viel Veränderung wir in den nächsten 10, in den nächsten 30 Jahren vor uns haben. Eine klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft sind ohne soziale Sicherheit und ohne sozialen Ausgleich nicht möglich. Genauso wahr ist aber, dass soziale Sicherheit und sozialer Ausgleich nicht mehr möglich sind, wenn wir Veränderungen nicht vornehmen, wenn wir nicht zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft kommen. Das ist unser Anspruch an diesen Koalitionsvertrag. Und wir sagen: Wir Grüne haben geliefert. Die ganze Breite wurde bereits von meinem Kollegen Frank Bsirske und meiner Kollegin Stephanie Aeffner dargestellt. Ich möchte noch einmal kurz daran erinnern: 12 Euro Mindestlohn – das ist eine gewaltige Verbesserung für Millionen von Menschen in diesem Land. Arbeit lohnt sich wieder. Und auch die Reform des Bürgergeldes ist ein Erfolg. Frau Susanne Ferschl, klar, wir hätten uns von der Summe her mehr gewünscht. Aber wir reformieren das Hartz-IV-System grundlegend, und wir schaffen das Bürgergeld. Die Vermögensschonung und die Tatsache, dass die Menschen keine Angst mehr um ihre Wohnung haben müssen, dass die Vereinbarung zukünftig auf Augenhöhe passiert, dass der Vermittlungsvorrang nicht mehr existiert – all diese Punkte stellen eine grundlegende Veränderung dar und ermöglichen, dass Menschen, die in dem Bezugssystem sind, im Jobcenter endlich wieder angemessen und auf Augenhöhe begegnet wird. Das ist der neue Geist dieser Koalition, und das werden wir umsetzen, meine Damen und Herren. Ganz entscheidend ist auch das, was wir zum Thema Rente in dieser Koalition vereinbart haben. Wir müssen die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente sichern. Die gesetzliche Rente in Deutschland ist eine Errungenschaft, um die uns ganz viele Länder beneiden. Kein privates Produkt ist so leistungsfähig wie die gesetzliche Rente. Deswegen war es so wichtig, dass wir das Mindestniveau bei 48 Prozent verankert haben. Darauf können sich die Menschen in diesem Land verlassen. Und wir bauen die Krankenversicherung zur Bürgerversicherung um. Auch die Selbstständigen werden zukünftig zu entsprechend angemessenen Konditionen berücksichtigt werden. Kommen Sie bitte zum Schluss. Auch das ist ein wichtiger Schritt hin zu einer sicheren Rente. Ein Punkt ist offen geblieben: die private Altersvorsorge. Da sind wir nicht weit genug in den Verhandlungen gekommen. Das wird als ganz zentraler Punkt auf der Tagesordnung stehen. Unser Dreisäulensystem braucht auch eine Verbesserung. Wir brauchen eine grundlegende Reform des Systems der privaten Altersvorsorge sowie eine Verbesserung und Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge. Danke schön, meine Damen und Herren. Weitere Wortmeldungen zu diesem Themenbereich liegen nicht vor.
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Mahmut Özdemir SPD
Mahmut
Özdemir
SPD
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zivile Luftfahrt des Landes und die dazugehörigen Flughäfen sind sensible Einrichtungen; das haben wir gerade schon gehört. Hier schützen wir die deutsche und die europäische Grenze. Um Angriffe auf sie zu verhüten, muss die Luftsicherheit ausschließlich in staatliche Hand. Der Gesetzentwurf ist daher ein Schritt in die richtige Richtung und zeigt dem Innenministerium auch, an welchen Stellen es in der Vergangenheit Hausaufgaben vernachlässigt hat. Wir können hier im Deutschen Bundestag über Zuverlässigkeitsüberprüfungen reden, um sogenannte Innentäter zu verhindern, aber können nicht gleichzeitig privaten Unternehmen mit höchst häufigem Personalwechsel die Gepäckkontrollen und Einblicke in die gesamte Sicherheitsarchitektur des Luftverkehrs anvertrauen. Sicherheit ist das Versprechen des Staates, wenn jede und jeder darauf verzichtet, Recht selber durchzusetzen. Es ist der Kompromisslosigkeit von Sozialdemokraten bei den Koalitionsverhandlungen zu verdanken gewesen, dass die folgenden Sätze Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben – ich zitiere –: Luftsicherheitskontrollen sind eine hoheitliche Aufgabe. Daher soll der Staat mehr strukturelle Verantwortung … übernehmen. Im Geiste dieser Sätze erwarten wir in der laufenden Wahlperiode auch mehr Bewegung von der Unionsfraktion. Die aktuelle Lage gibt uns recht: Private Dienstleister an Sicherheitskontrollen sind eben nicht so zuverlässig wie staatliche Kräfte. Private Dienstleister werfen uns gerade in Düsseldorf und Köln diese Aufgabe vor die Füße, weil sie eben keinen Gewinn mehr machen können, Gewinn, den sie bislang im Übrigen auf dem Rücken der Beschäftigten eingefahren haben. Statt diese Aufgabe wieder in Staatshand zu überführen, verhandelt das Bundesinnenministerium jedoch mit dem Dienstleister in Köln nach und lässt ihn in Düsseldorf sogar vorzeitig aus dem Vertrag. Formelle Vergabeverfahren werden so lächerlich gemacht. In Bayern ist die landeseigene Gesellschaft für alle Luftsicherheitsaufgaben zuständig und bündelt diese auch. Auf Bundesebene haben wir derzeit hingegen ein völlig zerfasertes Geflecht von Zuverlässigkeitsüberprüfungen bis hin zum Einsatz am Flughafen auf dem Rollfeld. Seit sechs Jahren liegt unser Vorschlag, von den Sozialdemokraten gemeinsam mit der Gewerkschaft der Polizei entwickelt, zur sofortigen Umsetzung bereit. Wir schlagen eine öffentlich-rechtliche Anstalt nach bayerischem Vorbild für das gesamte Bundesgebiet vor. Seit knapp einem Jahr warten wir auf Ergebnisse von drei Gutachten, von denen bis heute erst ein einziges vorliegt, wenn auch erst seit Kurzem, das unsere Kritik als Sozialdemokraten im Übrigen weiter stützt. Hier erwarten wir mehr Schnelligkeit, aber mit der notwendigen Gründlichkeit. Man muss einfach nur dem SPD-Vorschlag folgen, und man bekommt mehr Luftsicherheit. Zuverlässige Sicherheit gibt es im Übrigen nur mit Beschäftigten, die einen Arbeitsvertrag mit der öffentlichen Hand haben und wissen, wem sie dienen, nämlich der Sicherheit des Landes, in dem sie leben, und der Europäischen Union. Niemand käme auf die Idee, eine Polizeiwache im Stadtteil einem privaten Dienstleister anzuvertrauen. So sollte man auch in der Luftsicherheit verfahren, sie nämlich wieder zurück in staatliche Hand geben. Kurzum: Mit der Sicherheit am Flughafen macht man keinen Gewinn. Man gewinnt aber an Sicherheit und an Zuverlässigkeit, wenn der Staat diese Aufgabe mit eigenen Kräften vollbringt. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat der Abgeordnete Manuel Höferlin für die FDP-Fraktion.
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Bijan Djir-Sarai FDP
Bijan
Djir-Sarai
FDP
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist die wichtigste multilaterale Errungenschaft seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Ziel des Gremiums ist es, die Grundlage für Frieden, Sicherheit und Stabilität weltweit zu sein. Besonders in Hinblick auf die vielfältigen Konflikte, Krisen und Kriege nimmt die Bedeutung des UN-Sicherheitsrates zu. Es ist daher zu begrüßen, dass die Bewerbung für einen nichtständigen Sitz Deutschlands Erfolg hatte und man sich in den kommenden zwei Jahren aktiv in diesem wichtigen Gremium einbringen kann. In dieser Zeit muss sich Deutschland dafür einsetzen, dass die dringend notwendigen Reformen endlich umgesetzt werden. Denn wir erleben immer häufiger, dass die Hauptaufgabe des Gremiums, die Wahrung des Völkerrechts, nicht mehr erfüllt werden kann. Unzählige Resolutionen, beispielsweise für eine Feuerpause in Syrien, wurden von der Vetomacht Russland blockiert. Das ist nur eines von vielen Beispielen, das den Reformbedarf des UN-Sicherheitsrates deutlich herausstellt. Seit 1945 hat sich der Rat kaum verändert. Er spiegelt mit den fünf Vetomächten noch immer die Machtverhältnisse zum Ende des Zweiten Weltkrieges wider. Das entspricht nicht mehr der heutigen Realität. Allein im Interesse der Realpolitik sollte die Zusammensetzung des Sicherheitsrates an die geänderte Weltpolitik angepasst werden. Handlungsfähigkeit und Legitimation des UN-Sicherheitsrates können langfristig nur gewährleistet werden, wenn dessen Zusammensetzung die Bedeutung einzelner Mitgliedsländer angemessen widerspiegelt. Deutschland zum Beispiel ist mit 400 Millionen Euro im Jahr viertgrößter Beitragszahler der Vereinten Nationen und engagiert sich auch weit darüber hinaus. Für UN-Missionen stellt Deutschland derzeit mehr als 3 500 Soldatinnen und Soldaten sowie 130 Polizeivollzugsbeamte zur Verfügung. Zudem engagiert sich Deutschland im Bereich der Entwicklungshilfe so stark wie kaum ein anderes Land der Welt. Aufgrund dieses Engagements lässt es sich nicht mehr rechtfertigen, dass Deutschland keinen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat hat. Außerdem ist offen die Frage zu stellen, warum Deutschland bei den Führungspositionen der Vereinten Nationen derart schlecht vertreten ist. Deutsche lassen sich in relevanten Führungspositionen der UNO vergeblich suchen. Die Zusammensetzung des Sicherheitsrates und die Besetzung der Positionen innerhalb der Vereinten Nationen sollten die Bedeutung der einzelnen Mitgliedsländer angemessen widerspiegeln. Daher ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung zumindest an dieser Stelle plant, sich während ihrer Mitgliedschaft für einen dauerhaften Sitz, für einen europäischen Sitz starkzumachen. Ob das etwas mit der Realität zu tun hat, werden wir später bewerten können. Bei den notwendigen Reformen müssen wir ebenfalls die Interessen Afrikas im UN-Sicherheitsrat stärker berücksichtigen. Die Afrikanische Union hat dem gesamten afrikanischen Kontinent in den vergangenen Jahren mehr Gewicht verliehen. Diese Entwicklung muss sich in Zukunft mehr als bisher im Sicherheitsrat zeigen. Der Reformbedarf ist aber noch weitreichender. Es darf nicht sein, dass Mitgliedstaaten wichtige Resolutionen zur Bekämpfung von Kriegsverbrechen, Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit blockieren. Daher unterstützen wir Freidemokraten den Vorschlag des französischen Präsidenten Macron, dass die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates in bestimmten Fällen auf ihr Vetorecht verzichten sollten. Der Antrag der Regierungsfraktionen greift diese Forderung zumindest in Teilen auf, weshalb ihm grundsätzlich zuzustimmen ist. Der UN-Sicherheitsrat braucht Veränderungen, eine Mitgliederstruktur, die an die veränderte Weltpolitik angepasst ist, einen festen europäischen Sitz und kein Vetorecht in Bezug auf Kriegsverbrechen, Völkermord und Vergehen gegen die Menschlichkeit. Herr Kollege! So kann man die gesamte Debatte zusammenfassen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Herzlichen Dank, Herr Kollege Djir-Sarai. – Ich weise für die weiteren Redner noch einmal darauf hin, dass Redezeitüberschreitungen uns wieder in die Abendstunden bringen. Ich bin gewillt, solche Überschreitungen nicht mehr zuzulassen. – Frau Kollegin Hänsel, das kann möglicherweise auch Sie erwischen. Sie haben jedenfalls als Nächste das Wort. Herzlichen Dank.
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Susann Rüthrich SPD
Susann
Rüthrich
SPD
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beraten wir einen umfangreichen Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt. Unsere Justizministerin und wir als Gesetzgebende gehen damit einen wichtigen Schritt. Das ist allerdings erst ein Schritt auf einem langen Weg; denn mit dem Gesetz, wenn es dann beschlossen wird, fängt die Arbeit erst an, nämlich die Umsetzung im täglichen Leben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, darin sind wir uns ja einig: Am besten ist es für die Kinder, wenn sie gar nicht erst zu Opfern werden. Daher bleibt es auf allen Ebenen wichtig, Prävention zu leisten. Kinder müssen an allen Orten, ob in der Familie, Kita oder Schule, im Verein wie in ihrem Gotteshaus analog wie digital sicher sein. Dazu braucht es in Kommunen und Ländern, in den Einrichtungen, in den Institutionen engagierte und aufmerksame Erwachsene. Es braucht verbindliche und mit Leben gefüllte Schutzkonzepte, überall da, wo Kinder ihren Alltag verbringen. Und dafür bedarf es Ressourcen. Jede Kürzungsdebatte im Bereich von Kinder- und Jugendhilfe im Umfeld der Kinder und Familien verbietet sich; auch wenn kommunale und Landeshaushalte stark unter Druck sind, das wissen wir. Beim Schutz von Kindern, bei der Gewährleistung ihrer Rechte braucht es mehr, nicht weniger Ressourcen. Wir müssen jetzt für morgen investieren. Was wir auf Bundesebene beitragen können, das wollen wir auch tun. Doch die beste Prävention wird leider nicht jede Straftat verhindern können; denn die Täter gehen mit hoher krimineller Energie, perfide und sehr zielgerichtet vor. Diese Täter dürfen sich niemals in Sicherheit wiegen. Dafür sind wir auf allen Ebenen verantwortlich. Daher bitte ich auch die Kolleginnen und Kollegen in den Ländern, in deren Hoheit Ermittlungsbehörden, Gerichte, Jugendämter liegen, für eine bestmögliche Ausstattung zu sorgen. Ermittelnde und Richterinnen und Richter dürfen angesichts der Menge zu bearbeitender Straftaten nicht verzweifeln. Nicht das Gesetz allein, sondern erst das hohe Risiko, entdeckt und dann auch verurteilt zu werden, schreckt ab. Die juristischen Verfahren müssen dann aber auch kindgerecht sein, damit das Kind nicht unter dem Verfahren selbst leidet. So sollte es zum Beispiel Orte wie das Childhood-Haus überall geben, wo das minderjährige Opfer in einer kindgerechten Umgebung an einem Termin gerichtsfest befragt, wenn nötig, untersucht wird und danach alle Kräfte freimachen kann für die hoffentlich gelingende Bewältigung. Das Kind und seine Familie können sich mit diesem Gesetz dann auch sicher sein, dass die Richterin in ihrem Verfahren nicht nur eine gute Juristin ist, sondern auch kinderrechtliche und psychologische Kenntnisse hat. Wir wissen, dass wir in den Ländern Mitstreitende haben, die das auch engagiert umsetzen werden. Darum bitte ich auch. Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hause, in den Ländern, in den Kommunen, in allen Institutionen, in den Familien, lassen Sie uns gemeinsam unterhaken und jeden Ort in diesem Land zu einem guten Ort für die Kinder werden lassen. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Alexander Hoffmann, CDU/CSU.
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Sonja Amalie Steffen SPD
Sonja Amalie
Steffen
SPD
Ich lasse mir von Ihnen mit Sicherheit nicht den Mund verbieten, Herr Kollege. Dass Ihre Kandidaten nicht gewählt werden, ist Demokratie. Damit müssen Sie sich abfinden. So geht es zu im Parlament. Nun zu dem Zitat. Mein Zitat war wörtlich der aktuellen Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ entnommen. Schauen Sie hinein! Jetzt noch ein wörtliches Zitat von Ihnen. Herr Gauland hat gesagt – ich zitiere wörtlich –: Wenn man Krieg haben will in diesem Bundestag, dann kann man auch Krieg kriegen. Das gehört sich wirklich nicht. Herr Kollege Baumann, wenn Sie bitte wieder Platz nehmen. – Das Wort hat als nächste Rednerin die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch von der Fraktion Die Linke.
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Andreas Bleck AfD
Andreas
Bleck
AfD
Werte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Aus aktuellem Anlass eins vorweg: Die Bundesregierung ist keine Fortschrittskoalition, sondern eine Rückschrittskoalition. Deutschland ist aus der Kernenergie ausgestiegen. Die europäischen Nachbarländer steigen ein. Des Grünen Freud ist wieder einmal des Deutschen Leid. – Sie werden gleich noch erfahren, warum, Herr Träger. – Und ausgerechnet die Wegbereiterin, die Mutter des Niedergangs, wurde in eine Reihe mit dem Vater der Bundesrepublik und dem Vater der Einheit gestellt. Adenauer und Kohl würden sich im Grabe umdrehen. Werte Kolleginnen und Kollegen, Einigkeit besteht beim Ziel, dass Wasser verfügbar, bezahlbar und sauber bleibt. Uneinigkeit besteht darin, ob dieses Ziel mit der Nationalen Wasserstrategie erreicht werden kann. Zur Verfügbarkeit von Wasser. Der durchschnittliche Jahresniederschlag hat in Deutschland seit 1881 um 8 Prozent zugenommen. Es gibt auch keinen flächendeckenden Wassermangel in Deutschland. Daraus folgt: Wasserarmut ist kein europäisches oder nationales, sondern ein regionales und lokales Problem. Die Herausforderungen für Italien sind andere als für Deutschland und für Baden-Württemberg andere als für Brandenburg. Die Nationale Wasserstrategie müsste dieser Tatsache stärker Rechnung tragen. Wassersparen in Deutschland hat übrigens auch Nachteile. So warnen einige Wasserwerke, dass das Wassersparen kontraproduktiv sei. In den Leitungen würden bei mangelndem Wasserdurchfluss Keime entstehen. Da die Verbraucher zu viel Wasser sparen würden, müssten Wasserversorger für ausreichenden Wasserdurchfluss sorgen. Wassersparen um des Wassers willen ist in wasserreichen Regionen sinnlos, werte Kolleginnen und Kollegen. Für die durchaus sinnvolle Verteilung des Wassers innerhalb Deutschlands müssen jedoch Fernwasserleitungen gebaut werden; Fernwasserleitungen, für deren Betrieb Energie benötigt wird; Energie, die nicht immer da ist. Tatsächlich ist die Wasserfrage in Deutschland auch eine Energiefrage. Diese Energiefrage hat die Bundesregierung mit ihrer energiepolitischen Geisterfahrt durch den Ausstieg aus der Kernenergie bei gleichzeitiger Elektrifizierung aller Sektoren verschärft. Der Transport, die Erwärmung und die Aufbereitung des Wassers kosten Energie. Sie können dreimal raten, warum die Wasserversorger in den letzten Jahren die Gebühren erhöhen mussten: vor allem wegen gestiegener Energiekosten, die unter anderem auf die Energiewende zurückzuführen sind. Damit wären wir bei der Bezahlbarkeit von Wasser. Die Pläne der Bundesregierung, Entgelte für die Wasserentnahme weiterzuentwickeln und das Verursacherprinzip auf die Hersteller abzuwälzen, werden das Wasser nur verteuern. Bezahlbares Wasser und bezahlbare Energie sind jedoch wichtige Voraussetzungen für den Wohlstand unseres Landes. Deshalb stellt die Alternative für Deutschland unmissverständlich fest: Das Leben muss bezahlbar, das Abkassieren unserer Bürger beendet werden. Auch die unerträgliche Heuchelei muss ein Ende haben. Während insbesondere Vertreter der Grünen den Wasserverbrauch für den Fleischkonsum wortreich beklagen, geben sie sich beim Wasserverbrauch für die Energiewende wortkarg. In Chile wird das Wasser beim Abbau von Lithium mit hochgiftigen Chemikalien kontaminiert, und in Brandenburg hat der Bau der Tesla-Fabrik die regionale Wasserarmut verschärft. Der real existierende Klimaschutz wirkt sich wieder einmal negativ auf die Umwelt aus. Worum sollte es in der Nationalen Wasserstrategie eigentlich gehen? Erstens um die Verteilung von Wasser zwischen wasserreichen und wasserarmen Regionen in Deutschland; zweitens um die Förderung der Einleitung von gereinigten Abwässern in das Grundwasser wasserarmer Regionen; drittens um die Förderung des Auffangens von Wasser in niederschlagsreichen Monaten zur Nutzung in niederschlagsarmen Monaten und viertens um die Sauberhaltung des Wassers. Dafür hat die Bundesregierung unter Wahrung der Subsidiarität unsere Zustimmung, für das Abkassieren unserer Bürger hingegen nicht. Vielen Dank. Als Nächstes erhält das Wort für die FDP-Fraktion Muhanad Al-Halak.
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Florian Post SPD
Florian
Post
SPD
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wichtig der AfD dieses Thema ist, sieht man schon daran, dass der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Herr Brandner, Mitglied der AfD, dieser Debatte mal wieder fernbleibt. Ich glaube, auch das spricht Bände und sollte in diesem Zusammenhang gleich zu Beginn dieser Debatte mal erwähnt werden. – Ja, wo ist er denn? Ist er hier, oder ist er nicht da? Dass die Debatte über Uploadfilter sehr emotional geführt wird, ist gut und richtig. Sie wurde auch bei uns innerhalb der Partei sehr emotional und sehr ausgiebig geführt. Ich finde aber, dass wir hier den falschen Titel wählen. Es geht zunächst mal um die Umsetzung einer Richtlinie. Es bleibt zu Beginn natürlich auch festzustellen, dass unser derzeit geltendes Urheberrecht veraltet ist und einer Anpassung bedarf. Es geht hier um die Abwägung von Interessen: Rechte von Urhebern zu schützen, aber auch die Meinungs- und Informationsfreiheit nicht einzuschränken. Es geht also um Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Auf europäischer Ebene wurde ebenfalls circa zweieinhalb Jahre diskutiert, und auch innerhalb der europäischen Parteienfamilien wurde sehr intensiv diskutiert. Das zeigt nur, dass wir uns alle die Debatte um dieses Thema nicht einfach machen. Allerdings muss man auch betonen, dass freies Internet nicht mit Kostenfreiheit zu verwechseln ist. Es geht uns ausdrücklich darum, dass wir Geschäftsmodelle, die sich ausschließlich darauf gründen, durch Uploads von urheberrechtlich geschützten Inhalten Geld zu verdienen, einschränken wollen. Wir als SPD machen kein Geheimnis daraus, dass wir Uploadfilter ablehnen. Daher haben auch die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament gegen Uploadfilter gestimmt. Allerdings – das gehört halt auch zur Demokratie – hatten wir für diese Position keine Mehrheit. Deswegen geht es jetzt umso mehr darum, wie die Umsetzung dieser Richtlinie im Detail aussieht. Daher hat die Justizministerin, Katarina Barley, richtig gehandelt, als sie ihre Zustimmung zur Richtlinie mit einer Protokollerklärung verknüpft hat, in der sie – ich habe es gerade schon erwähnt – auch ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es um die Verhinderung von Geschäftsmodellen geht, die sich ausschließlich darauf gründen, mit den Uploads urheberrechtlich geschützter Inhalte Geld zu verdienen, und dass es natürlich auch darum geht, unzulässiges Löschen von vornherein gar nicht erst möglich zu machen. Das kann beispielsweise dadurch passieren, dass Personen, die Uploads vornehmen, gleich darauf hinweisen, dass sie keine urheberrechtlich geschützten Inhalte hochladen. Wichtig ist für uns auch – darum geht es uns ebenfalls –, dass Plattformen oder Dienste wie Wikipedia, Blogs, Foren, Messenger-Dienste, Verkaufsportale oder auch Cloud-Dienste davon nicht betroffen sind und keine Einschränkungen erfahren. Letztendlich wird zu Artikel 17 Absatz 10 in der Protokollerklärung festgehalten, dass die Bundesregierung davon ausgeht, dass der Dialog der Kommission mit allen Interessengruppen genutzt wird, um Leitlinien zur Anwendung des Artikels 17 zu entwickeln, und dass letztlich eine faire Vergütung für die Rechteinhaber, für die Kreativen, erfolgt und nicht unzulässigerweise Nutzerrechte verletzt werden. Einschränkungen der Meinungsfreiheit – auch darauf können Sie sich verlassen – wird die SPD nicht zulassen. Wir werden das mit Entschiedenheit zu verhindern wissen. In diesem Sinne wollen wir auch die weitere Debatte auf einer sachlichen Ebene weiterführen und das Ganze zu einem konstruktiven Ergebnis führen. Danke für die Aufmerksamkeit. Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Petra Sitte für die Fraktion Die Linke.
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Nico Tippelt FDP
Nico
Tippelt
FDP
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Digitalisierung erfasst alle Lebensbereiche. Sie bringt grundlegende Veränderungen für uns alle mit, auch etwa, wie wir uns in die Gesellschaft einbringen. Das gilt erst recht für die jungen Menschen. Denn ohne Engagement gibt es keinen Zusammenhalt. Das war immer so, und das wird auch immer so bleiben. Wie wir uns einbringen, unterliegt jedoch einem Wandel. Der Bericht mit dem Schwerpunkt „Zukunft Zivilgesellschaft: Junges Engagement im digitalen Zeitalter“ hat für uns zwei positive Botschaften: Zum einen gibt es erfreulicherweise eine Zunahme des Engagements insgesamt. Zum anderen hat vor allem das informelle Engagement zugenommen. Diese Erkenntnis ist für die Politik folgenreich; denn bei „Engagement“ denken wir meistens an Vereine. Die Digitalisierung jedoch verändert die Zusammenarbeit wie auch die Ansprüche der Engagierten. Die Menschen arbeiten inzwischen häufiger ortsunabhängig und eher projekt- und themenzentriert zusammen. Feststellen lässt sich bei den jungen Leuten eine Vorliebe für flache Hierarchien, kurze Kommunikations- und Entscheidungswege und der Wunsch, politisch wirksam zu sein. Gleichzeitig werden formelle Mitgliedschaften und Ämter eher gemieden. Immer häufiger engagieren sich Nichtmitglieder. Die Niedrigschwelligkeit für Engagement ist folglich sehr viel wichtiger geworden. Aufhorchen lassen muss uns Parlamentarier: Junge Menschen schließen immer häufiger die Mitgliedschaft in einer politischen Partei aus. Gerade wenn der Trend zum informellen Engagement geht, dann müssen wir uns Gedanken machen, wie wir engagierten Bürgern Teilhabe ermöglichen. Hier spielt das Digitale eine immer größere Rolle: Erstens. Die Digitalisierung sollte für mehr Menschen verständlicher sein; denn wir dürfen nicht vergessen, dass Engagement in der Freizeit stattfindet und die Digitalisierung eben kein Selbstzweck ist. Zweitens. Digitale Plattformen werden wichtiger, weil sie gute Rahmenbedingungen schaffen können und vieles einfacher machen. Drittens. Der Bürokratieabbau ist gerade auch für das Ehrenamt wichtig, getreu dem Motto „Einfach machen!“. Ich freue mich auf zukünftige Debatten und wünsche Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest. Danke. Es folgt Nadine Heselhaus für die SPD-Fraktion.
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Michael Donth CDU/CSU
Michael
Donth
CDU/CSU
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! „Der Gesetzentwurf ist zu früh und unvollständig. Er enthält gute und wichtige Vorhaben, doch die Regierung versucht gerade, ein Haus zu bauen, ohne vorher ein Fundament zu gießen.“ Das war jetzt ein Plagiat. Das ist nämlich nicht von mir, sondern von Peter Westenberger, dem Geschäftsführer des Verbands Die Güterbahnen. Das hat er im Juni so gesagt, und er hat absolut recht. Ein Haus ohne Fundament, das ist doch, seien wir ehrlich, der rote Faden in der Schienenpolitik seit Beginn dieser Legislaturperiode. Ein Haus ohne Fundament! Mit der hier vorliegenden Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes – ich glaube, uns allen geht BSWAG leichter über die Lippen –, die wir heute in erster Lesung beraten, will der Bund – wir haben es gehört – durch zusätzliche Finanzierungsoptionen erhöhte Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur ermöglichen, zum Beispiel bezüglich der Kosten für einmaligen Aufwand, für Instandhaltung, für bauliche Maßnahmen aufgrund rechtlicher Auflagen und für Digitalisierung. Das ist grundsätzlich erst mal zu begrüßen. Aber: Nur durch ein paar zusätzliche Finanzierungsoptionen, die dazu noch unpräzise und unvollständig sind, wird es keine bessere Instandhaltung der Infrastruktur geben. Insbesondere der im Gesetzentwurf geschätzte Finanzierungsbedarf für die Umsetzung der zusätzlichen Maßnahmen ist – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus dem Entwurf – „nur grundsätzlich benannt“ und „nur begrenzt belastbar“. Es ist also ein Gesetz, bei dem Sie nicht wissen, was Sie machen wollen und was das kosten soll. Einmal mehr hat man den Eindruck, dass Sie in größter Eile, aber handwerklich sehr schlecht gemacht mehr Mittel bereitstellen wollen, ohne genau zu wissen, wie viele Mittel denn benötigt werden und wofür. So werden die Forderungen der DB eins zu eins übernommen, ohne dass das BMDV die Bedarfe prüft. Das stößt nicht nur uns auf, sondern auch dem Bundesrechnungshof, der das erneut kritisiert hat. Damit kommen wir zum Kernproblem Ihrer Vorgehensweise. Es fehlt Transparenz, und es fehlt, um Westenberger nochmals zu zitieren, das Fundament, das für die Finanzierung wichtig ist, nämlich die gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft, die Sie allerdings schon zum 1. Januar nächsten Jahres einführen wollen. Wenn Sie die Finanzierung der Schieneninfrastruktur neu aufstellen wollen, wenn Sie die Finanzierung vereinfachen wollen, dann müssen Sie doch endlich auch aufzeigen, wie die neue Struktur für die Infrastruktur funktionieren soll. Und wenn Sie mit der Änderung des BSWAG die Finanzierung der geplanten Generalsanierungen ermöglichen wollen – die erste, die Riedbahn, steht bereits in weniger als einem Jahr zur Realisierung an –, müssten Sie dann nicht heute schon wissen, welcher Umfang und welche Kosten für die Generalsanierung wirklich auftreten? Was ist denn das eigentlich für ein Blindflug? Abschließend noch ein Punkt, der auch fehlt, der aber besonders wichtig ist, nämlich die Digitale Schiene Deutschland. Es braucht eine dauerhafte Fördermöglichkeit, um auch die digitale Fahrzeugausrüstung und Technik zu fördern; denn wenn man die Finanzierung der Digitalen Schiene Deutschland nur auf die Schiene oder gleisnahe Technik begrenzt, wird das nichts. Wenn Sie es mit der Digitalisierung ernst meinen, müssen den Versprechen jetzt auch Taten folgen. Vielen Dank. Christian Schreider hat das Wort für die SPD-Fraktion.
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Heidrun Bluhm-Förster DIE LINKE
Heidrun
Bluhm-Förster
DIE LINKE
Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe es eben in der Rede zum Umweltetat schon gesagt: Egal in welchen Haushalt man schaut – es ist zu erkennen, dass diese Regierung ein Jahr vor der Bundestagswahl keine neuen Projekte wagt. Alle nicht exponentiell sichtbaren Probleme werden wohl an die nächste Regierung delegiert. Aber wir alle wissen doch: Das aktuelle Haushaltsjahr ist wiederum eine große Herausforderung für die Menschen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft – zunächst die Waldkrise, dann die Coronakrise und nun auch noch die Afrikanische Schweinepest. In dieser Krise werden aber einige Dinge klar: Zusammenhalt und kooperatives Handeln sind für die Zukunft Deutschlands und Europas gerade angesichts der aktuellen, aber auch der kommenden Krisen existenziell. Und der Schutz der Natur, der Tiere sowie der Menschen in der Gesellschaft ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die Entwicklung der ländlichen Räume, insbesondere der strukturschwachen Gebiete, ist wichtiger als je zuvor. Neben der noch immer unzureichenden und nicht zielgenauen Bedarfsförderung im Osten Deutschlands zeichnet sich aber auch ab, dass sich weite Teile des nördlichen, westlichen oder auch südwestlichen Deutschlands in einem neuen Schwellenzustand befinden. Wird hier insgesamt nicht entschlossen gehandelt, um die deutlich erkennbaren Strukturschwächen anzugehen, werden die Menschen weiter stärker in die Städte ziehen. Es ist schon lange fünf vor zwölf, und für strukturschwache ländliche Räume erst recht. Das ist eine gesamtgesellschaftliche, ressortübergreifende Aufgabe, die die Regierung bis heute so nicht begriffen hat. Und es stellt sich die Frage, ob dafür eine Umverteilung von Haushaltsmitteln im Einzelplan 10 ausreicht oder ob die Bundesregierung es schafft, ihren „Plan für Deutschland“, den ja auch Frau Ministerin Klöckner unterschrieben hat, als Gemeinschaftsaufgabe von historischer Bedeutung zu begreifen und entsprechend zu handeln. Bisher ist es nicht erkennbar, welchen Kurs die Bundesregierung im nächsten Jahr einschlagen wird. Die verfügbaren Zahlen des Einzelplans 10 vor den Beratungen mit den Berichterstattern in den Ausschüssen verweisen jedoch stark auf ein Weiter-so. Hier gibt es nur wenige, marginale Veränderungen zum Vorjahresetat, was vermuten lässt, dass wir alles im Griff haben oder auch alles prima läuft. Dem muss ich leider entschieden widersprechen. Wie soll mit diesem Finanzpaket der dringend notwendige, aber immer wieder nur angekündigte sozialökologische Umbau der Landwirtschaft gelingen? Meine Damen und Herren, Herausforderungen werden leider nicht durch ein Weiter-so bewältigt. Was wir im nächsten Haushaltsjahr erwarten, ist die Umsetzung längst fälliger und bereits versprochener Reformen für die Bäuerinnen und Bauern, insbesondere um den sozialökologischen Umbau in der Landwirtschaft voranzutreiben. Ich will zwei Beispiele nennen. Die Landwirtschaft kann einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen ökologischen, ökonomischen und sozialen Entwicklung in den ländlichen Räumen leisten. Das Stichwort hierzu lautet „Regionalisierung“. Vollmundig wird sie im Koalitionsvertrag angekündigt durch ein – ich zitiere –: „klares Bekenntnis zur bäuerlichen und regional verwurzelten Landwirtschaft.“ Seit 2017 ist das ein Lippenbekenntnis, mehr leider nicht. Ich erinnere an unseren Antrag „Regionale Ernährungssysteme stärken“, der sich gerade im parlamentarischen Verfahren befindet. Hier zeigt Die Linke auf, was zu tun wäre, um gesunde Ernährung so zu organisieren, dass landwirtschaftliche Produktion und regionale lebensmittelverarbeitende Betriebe in den ländlichen Räumen mit den Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher verknüpft und langfristig und nachhaltig gestaltet werden. Noch ist es nicht zu spät, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Nachdem Sie zumindest im Ausschuss unseren Antrag gelobt haben, um ihn dann trotzdem abzulehnen, könnten Sie in der zweiten und dritten Lesung vielleicht über Ihren Schatten springen. Es ist also nicht so, dass es keine guten und machbaren Vorschläge gäbe, sie kommen halt nicht von der Regierung. Eine regionale Produktion von gesunden Lebensmitteln ist immer stark verknüpft mit der Ernährungswirtschaft. Die Diskussion über eine Politik für eine nachhaltigere Ernährung – so lautet auch der Titel einer kürzlich veröffentlichen Studie eines komplexen Gutachtens, dass das Landwirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hat – fehlt bislang weitgehend in der öffentlichen Debatte. Das Gutachten macht aber deutlich, dass der Konsum von Lebensmitteln wesentlich von der Ernährungsumgebung – dazu gehören zum Beispiel Werbung und soziale Medien sowie der Zugang zum Angebot von Lebensmitteln – beeinflusst ist. Eine stärker konsumorientierte Ernährungspolitik würde dazu beitragen, dass die hierzulande zunehmende Ernährungsarmut verringert wird. Sie fördert die Gesundheit jedes Einzelnen und hilft darüber hinaus bei der Erreichung der Klimaschutzziele. Eine beitragsfreie und qualitativ hochwertige Kita- und Schulverpflegung – das fordern wir Linke schon lange – ist eine wesentliche Empfehlung aus dem Gutachten. Die Ministerin wird zu dem Gutachten wie folgt zitiert: Politik muss lernen, dass Gutachter auch manchmal aufschreiben, was man nicht gern hört. – Ich sage: Politik ist gut beraten, wenn sie sich von wissenschaftlichem Sachverstand leiten lässt. Um die ebenfalls erforderliche Transformation in der Landwirtschaft ernsthaft einzuleiten, Artenvielfalt zu fördern, in Klima- und Naturschutz zu investieren und die Bäuerinnen und Bauern bei der Umstellung auf ökologische Verfahren zu unterstützen, würde die Umschichtung der Mittel von maximal 15 Prozent von der ersten Säule in die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik auf europäischer Ebene ein Zeichen setzen. Mit der Festlegung Deutschlands auf eine Umschichtung von 6 Prozent bleiben die Bereiche jedoch massiv unterfinanziert, und die Ziele, die Frau Klöckner hier vorgetragen hat, werden dadurch sicher nicht erreicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch offene und ungelöste Aufgaben sind die Umsetzung der Ackerbaustrategie, der Umbau der Stallhaltung, des Insektenschutzes und auch die Hilfen für den Wald. Aber auch hier zeigen sich aus unserer Sicht fundamentale Fehlentwicklungen. Nun legen Sie ein dreiteiliges Förderprogramm für Wald und Holz vor. Ein Teil ist ein 500 Millionen Euro starkes Programm, das Prämien für besonders nachhaltige Forstwirtschaft vorsieht. Bisher ist aber gar nicht klar, wie die Richtlinien zur Verteilung dieser Gelder aussehen sollen. Wir reden über Hunderte von Millionen, und keiner weiß, wie sie verteilt werden sollen. Das beklagten im Übrigen auch die Agrarminister auf ihrer letzten Konferenz in der vergangenen Woche. Stichwort „Umbau der Stallhaltung“: 300 Millionen Euro stehen für den Umbau nach der neuen Nutztierhaltungsverordnung zur Verfügung – das finden wir gut –, aber der beantragende Viehhalter oder die beantragende Viehhalterin soll binnen 15 Monaten, also bis spätestens 31. Dezember 2021, das gesamte Stallumbauprojekt umsetzen, inklusive Projektierung, Baugenehmigung, Baufertigstellung und Abrechnung. Wir alle wissen, das ist unmöglich. Allein die Einholung einer emissionsschutzrechtlichen Genehmigung dauert schon mindestens ein Jahr. Offensichtlich gab es bei der Erstellung des Programms keine Rückkopplung mit möglichen Antragstellern. Das ist weltfremd und reiner Aktionismus, oder aber es wurde bewusst gemacht, um die 300 Millionen Euro nicht zur Auszahlung zu bringen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zurück zum ländlichen Raum. Aus Sicht der Fraktion Die Linke reicht es nicht, den ländlichen Raum mit zentral ausgedachten Förderprogrammen zu alimentieren; bei BULE wollen Sie sogar kürzen. Hier müssen wir vielmehr klotzen und dürfen nicht kleckern. Zum Beispiel mit der Ansiedlung von Bundesbehörden und Ressortforschungseinrichtungen kann der Wandel strukturschwacher Regionen angeregt werden. Erste Erfolge können wir dabei verbuchen; Vorrednerinnen und ‑redner haben darauf Bezug genommen, auch ich habe mit dem im Aufbau befindlichen Waldkompetenzzentrum in Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern allen Grund, stolz zu sein. Wichtiges Ziel dabei muss sein, den ländlichen Raum in die Lage zu versetzen, die ihm innewohnenden Potenziale selbstständig und nachhaltig zu erschließen. Dazu sind Wissen und neue Denk- und Handlungsansätze notwendig, und die entstehen vornehmlich durch Forschung und Lehre. Die Ansiedlung neuer sowie der Ausbau und die Spezialisierung vorhandener Hoch- und Fachschulen im ländlichen Raum ist ein Gebot der Stunde, vor allem aber eine Voraussetzung, um Perspektiven für die Zukunft in dem ländlichen Raum zu schaffen und wissenschaftlich zu begleiten, um das gesamtgesellschaftliche nachhaltige Leben weiter zu organisieren. Die Linke möchte, dass die verfügbaren Mittel so eingesetzt werden, dass durch ihre Verwendung der größtmögliche Entwicklungsschub in Richtung einer sozialökologischen und damit zukunftsfesten Agrarstruktur und eines selbstbestimmten, sich wirtschaftlich selbsttragenden Aufschwungs im ländlichen Raum genutzt werden kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was in diesem Etat allerdings komplett fehlt, ist ein Haushaltstitel für die Zahlung einer Weidetierprämie. Schäferinnen und Schäfer, die täglich mit der Weidetierhaltung auch wichtige Umweltaufgaben erledigen, werden dafür nicht honoriert. In 27 anderen europäischen Ländern ist das möglich. Bitte kommen Sie zum Schluss. Unser Ministerium versäumt sogar absichtlich die Anmeldefristen in Brüssel, um diesem Berufsstand die notwendige Unterstützung zu verwehren. Da meckern nicht nur die Schafe. Danke schön. Vielen Dank, Frau Kollegin Bluhm-Förster. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen.
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Ralph Lenkert DIE LINKE
Ralph
Lenkert
DIE LINKE
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Auch in diesen Zeiten müssen Strom und Gas bezahlbar bleiben. Deshalb ist ein preiswertes Grundkontingent für Strom und Gas nach Haushaltsgröße notwendig. Bei Strom kostet die Kilowattstunde maximal 30 Cent, bei Gas maximal 8 Cent. Und wir brauchen eine monatliche Inflationspauschale von 75 Euro je Haushalt plus 50 Euro je Person im Haushalt, vom Staat gezahlt. Das fordert Die Linke. Das wäre ein guter Weg durch den Winter. Die Ampel hat jetzt Einmalzahlungen von nur 300 Euro veranlasst und eine Preisgrenze von 40 Cent bei Strom und 12 Cent bei Gas festgeschrieben, aber nur für 80 Prozent des bisherigen persönlichen Verbrauches. Das reicht nicht. Wer viel verdient und viel Strom und Gas verbraucht, hat die Mittel, 20 Prozent Energie leicht einzusparen, und bekommt die Gesamtenergie dann zum Festpreis. Arme Familien dagegen mussten schon immer Energie sparen und haben heute mehr denn je nicht das Geld, sparsamere Technik zu kaufen. Die müssen dann mehr zahlen. Das ist unsozial. Schamlos nutzen Konzerne und Spekulanten jede Gelegenheit, Preise und Profite hochzutreiben. RWE machte allein im ersten Halbjahr den zweieinhalbfachen Gewinn des kompletten Vorjahres. Shell steigerte den Halbjahresgewinn von 5,5 auf 12 Milliarden Euro. Über 50 Milliarden Euro Sondergewinne fielen in Deutschland bis heute an. Diese Gewinne will Die Linke abschöpfen für die Finanzierung der Hilfen für Bürgerinnen und Bürger, für produzierende Unternehmen, für Handwerk, für Hochschulen und für Krankenhäuser. Diese Ampel aber schöpft nur kümmerliche 3 Milliarden ab, bei 50 Milliarden Extraprofiten. Die Ampel kuscht vor Aktionärinnen und Aktionären, und das ist ein falsches Signal. Strom, Gas, Wärme gehören zur unverzichtbaren Daseinsvorsorge, und Daseinsvorsorge muss der Gesellschaft gehören. Das fordert Die Linke. Vielen Dank. Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Ingrid Nestle.
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Alexander Hoffmann CDU/CSU
Alexander
Hoffmann
CDU/CSU
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Frage „Wie aktiv geht diese Regierungskoalition mit dem Thema Netzwerkdurchsetzungsgesetz um?“ lohnt sich ein Blick in die Chronologie dieses Gesetzes. Wir haben dieses Gesetz in der letzten Legislaturperiode auf die Schiene gesetzt, und wir haben immer gesagt: Das ist für uns das letzte Mittel; das letzte Mittel deshalb, weil Gespräche mit Facebook, YouTube und Co einfach nicht, trotz wiederholten Stattfindens, den gewünschten Erfolg gebracht haben – immer nur freundliches Lächeln, freundliche Sätze, aber keinerlei Ergebnisse. Ich empfehle Ihnen – gerade denjenigen, die meinen, man müsse dieses Gesetz wieder abschaffen –: Unterhalten Sie sich einmal mit einem Betroffenen! Mir hat vor 14 Tagen ein Familienvater berichtet, dass er über Monate hinweg versucht hat, verleumderische Inhalte auf YouTube löschen zu lassen. Seine Wortwahl war interessant, er hat gesagt: Ich habe über Monate hinweg YouTube angefleht – „angefleht“ war die Wortwahl –, diese Inhalte herauszunehmen, auch im Interesse meiner Familie, und es ist nichts passiert. Heute, in der Rückschau, glaube ich: Unsere Entscheidung, die wir uns nicht leicht gemacht haben, ist richtig gewesen. Wir haben es uns allein deshalb schon nicht leicht gemacht, weil wir von Anfang an gesagt haben: Das ist ein komplexes Thema, das ist Neuland, es geht auch um Meinungsfreiheit, und deswegen vereinbaren wir eine Evaluierung. Bei der Opposition war es aber so, ehrlich betrachtet, dass Sie ab dem ersten Tag an diesem Gesetz kein gutes Haar gelassen haben. Bevor die ersten Ergebnisse der Evaluation überhaupt auf den Tisch gekommen sind, kamen Anträge auf sofortige Abschaffung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Und dann kam es doch, im Mai 2019, zu einer, wie ich finde, sehr bemerkenswerten Anhörung. Diese Anhörung war allein schon deswegen bemerkenswert, weil da zeitweise bestimmte Fraktionen der Opposition gar nicht vertreten waren. Sie war aber vor allem auch deswegen bemerkenswert, weil alle Sachverständigen, bis auf einen, dem Grunde nach sagten: Der Schritt zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist der richtige. Es mag sein, dass in diesem Gesetz nicht alles richtig ist. Aber es ist wichtig, dass es solche Regelungen gibt. Bemerkenswert war auch, dass zutage gefördert wurde: Das, was Sie prophezeit haben, nämlich dass das Netzwerkdurchsetzungsgesetz das Ende der Meinungsfreiheit im Netz sei – das war doch die Originalaussage –, dass es zu Overblocking kommen wird, all das ist nicht eingetreten. Es hat – das will ich ehrlicherweise sagen, auch positiv in Ihre Richtung – bei Ihnen ja ein Lernprozess stattgefunden. Der Kollege Müller hat kritisch angemerkt, dass Sie sicher im Lauf der Zeit noch mehr hätten zugeben können und auch mehr hätten lernen können. Aber gestern war es zum Beispiel so, dass ein Vertreter der AfD im Ausschuss sogar erklärt hat, dass man eben nicht mehr für eine völlige Abschaffung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ist. Deswegen muss man, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Ergebnis sagen, dass wir zwar Neuland betreten haben – Sie waren gestern nicht dabei, als der Kollege Brandner das gesagt hat –, aber wir alle haben Erfahrungen sammeln können, und die ursprüngliche Idee war die richtige. Hätten wir Ihren Intentionen am Anfang Folge geleistet, wären das jeweils übereilte Entscheidungen gewesen. Wenn wir heute zurückschauen, ist es, glaube ich, richtig, dass wir Qualität vor Eile stellen. Es geht in der Tat um wichtige Rechtsgüter wie Meinungsfreiheit. Kollege Müller hat es vorhin skizziert: Bereits in den nächsten Wochen werden wir unsere Vorschläge ins parlamentarische Verfahren einbringen. Wir werden das zudem um umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassreden im Netz ergänzen. Wir müssen uns auch um das StGB Gedanken machen. Da gibt es gute Vorschläge aus Bayern. Wir müssen einfach konstatieren, dass es etwas anderes ist, ob es zu Beleidigungen, übler Nachrede und Verleumdungen vor sechs Personen in der analogen Welt oder eben im Internet kommt. Deswegen glaube ich, dass wir uns Zeit für diese Lösungen nehmen sollten, und es gibt eigentlich überhaupt keinen Grund für diese Aufregung. Ich glaube, dass das, was wir hier vorhaben – und das meine ich auch fraktionsübergreifend –, ein wichtiges gesellschaftspolitisches Projekt ist, weil die Gesetze am Ende darüber entscheiden, welche Gesellschaft wir in der analogen Welt haben und welche Gesellschaft wir in der digitalen Welt haben. Das ist unsere Verantwortung, und lassen Sie uns das bitte gemeinsam gestalten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank, Alexander Hoffmann. – Ich komme zum letzten Redner in dieser Debatte: Dr. Jens Zimmermann für die SPD-Fraktion.
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Michael Kuffer CDU/CSU
Michael
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Liebe Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein guter Tag für die Sicherheit in Deutschland und damit auch für die Menschen in unserem Land; denn wir beschließen heute nach endlosen Verhandlungen zwei zentrale Pfeiler für die Sicherheitsarchitektur im Land, und ich füge hinzu: zwei zentrale Pfeiler der Unionssicherheitspolitik in dieser Legislaturperiode. Mit dem Gesetz zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts und gleich anschließend dem Gesetz zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei gelingen uns elementare Verbesserungen für die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden. Sie wissen, dass beide Vorhaben innerhalb der Koalition äußerst schwierig waren. Deshalb bin ich froh, dass sich die Beharrlichkeit von CDU und CSU nun ausgezahlt hat, mit der wir uns intensiv und auf allen Ebenen dafür eingesetzt haben, unseren Sicherheitsbehörden endlich die Instrumente an die Hand zu geben, die es für eine effektive Ermittlungsarbeit im digitalen Zeitalter braucht. Wir schaffen mit diesem Gesetz endlich eine Befugnis des Verfassungsschutzes zum Einsatz der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung, um schwere Bedrohungen von unserem Rechtsstaat und unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung abzuwenden und sie aufzuklären. Darüber hinaus erleichtern wir die Beobachtung von Einzelpersonen, um abgeschotteter, allein agierender Terroristen und Amokläufer wie der Täter von Hanau und Halle rechtzeitig und wirksam vor ihren Taten habhaft zu werden. Es geht bei beiden Vorhaben um nichts anderes als den Schutz von Menschenleben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD – ich will jetzt nicht mehr zurückschauen – und lieber Kollege Uli Grötsch, ich bin euch und dir auch für diese klare Haltung heute ausdrücklich dankbar. Ich will nur in Richtung der vielen Zweifler in euren Reihen und damit auch an die Adresse von Frau Esken noch mal sagen: Es wäre niemandem zu erklären, dass wir Telefone und SMS überwachen wollen und dem Verfassungsschutz gleichzeitig die Befugnis verweigern, auf WhatsApp-Nachrichten von Terroristen und von Subjekten zugreifen zu dürfen, die diese Technik genau dazu nutzen wollen, um Morde und Anschläge zu planen und zu koordinieren. An solchen Stellen, liebe Frau Kollegin Esken, können wir Ihnen auch weiterhin die Auseinandersetzung nicht ersparen. Wir werden weiterhin für organisierte Sicherheit und nicht für Organisierte Kriminalität eintreten. Etwas anderes ist mit der Union nicht zu machen. Deshalb ist in diesem Zusammenhang auch klar: Wer Verbrechen im 21. Jahrhundert mit Techniken aus dem 20. Jahrhundert, aus Zeiten der Wählscheibe bekämpfen will, kann seiner Verantwortung für dieses Land nicht gerecht werden. Leider ist es genau das, was die Grünen wollen. Sie wollen weiterhin die Sicherheitsbehörden ausbremsen. Was Sie heute mit Ihrem Antrag vorlegen – damit komme ich zum Ende –, würde geradewegs dazu führen, dass Deutschland strukturell unsicherer wird. Sie wollen den Verfassungsschutz aufspalten, ihn damit faktisch auflösen, nur um die Gelüste Ihres linken Flügels zu befriedigen. Sie arbeiten Terroristen und Extremisten mit solchen Ansätzen direkt in die Hände. Das ist grüne Sicherheitspolitik. Deshalb sage ich Ihnen zum Schluss und bitte Sie, lieber Konstantin, liebe Grüne: Spielen Sie bitte in anderen Gebieten, aber hören Sie auf, an der Sicherheit herumzuspielen! Sicherheit ist ein Arbeitsgebiet und kein Experimentierfeld. Vielen Dank.
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Dr.
Dr. Lukas Köhler FDP
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Linke! Liebe Frau Nastic, ich hatte eigentlich einen ganz anderen Einstieg geplant. Aber ich muss sagen: Man kann die Bundesregierung kritisieren. Man kann sie oft kritisieren, man kann sie für vieles kritisieren, es ist an vielen Stellen problematisch. Aber ihr vorzuwerfen, die Regierungspolitik sei ein Kontrastprogramm zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, das wird weder der Sache gerecht, noch ist es ungefährlich. Was Sie hier tun, ist: Sie schleifen das große Schwert der Menschenrechte ab. Sie machen es stumpf für ihre Verteidigung. Was die Bundesregierung an so vielen Stellen tut, ist, sich überall für die Menschenrechte einzusetzen. Das ist gut, und das ist richtig. Ja, wir haben Probleme. Ja, wir können an einigen Stellen vor unserer eigenen Haustür kehren. Aber das heißt doch nicht, dass die Bundesregierung sich nicht für die Menschenrechte einsetzen würde. Das ist völlig absurd. Genau das ist es, glaube ich, was wir an einem solchen Tag, am 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, tatsächlich hier diskutieren müssen. Es ist zwar ein Jubiläum, aber ich finde, es fordert nicht zum Jubeln auf, sondern es fordert dazu auf, nachzudenken, und zwar darüber, was im Moment auf der Welt passiert. Wenn linke Intellektuelle aus Frankreich Menschenrechte, Demokratie und Kapitalismus zusammendenken und sagen: „Sie müssen überwunden werden“, dann ist das ein Grund zur Sorge. Wenn der russische Präsident und die russischen Staatsmedien darüber sprechen, dass die westliche Welt verweichlicht und Kriminalität und absurderweise Homosexualität dazu führen, dass wir vor großen Problemen, vor großen Herausforderungen in unserer Gesellschaft stehen, dann ist das ein Grund zur Sorge. Wenn Entwicklungs- und Schwellenländer auf der Klimakonferenz in Kattowitz davon sprechen, dass Menschenrechte in Artikel 6 des Pariser Abkommens, in dem es um die Marktmechanismen geht, nichts zu suchen haben, dann ist das ein Problem. Deshalb ist der Kampf für ein liberales Verständnis von Menschenrechten so absolut zentral. Diese Menschenrechte fußen auf der Autonomie des Menschen. Deswegen sind sie für uns wichtig. Deswegen sind sie an jedem Tag zu leben. Aber sie sind nicht nur juristisch umzusetzen. Sie sind zu leben, und sie müssen gelebt werden – von uns allen und das täglich. Sie gelten weltweit. Natürlich sind sie niemandem abzusprechen, egal welcher Religion, welcher Herkunft oder welcher Hautfarbe. Sie müssen aber verteidigt werden. Sie müssen auch auf neue Herausforderungen überprüft werden. Herr Maas hat es gesagt: Gerade der Klimawandel bedroht Menschenrechte an vielen Stellen. Wir müssen nicht nur weltweit darüber nachdenken, sondern auch zeitlich darüber nachdenken, wie Menschenrechte kommender Generationen betroffen sind. Das ist ein Auftrag liberaler Demokratie. Meine Damen und Herren, ich kann Sie nur einladen: Lassen Sie uns gemeinsam für Menschenrechte einstehen! Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass Rechtsstaat und Demokratieprinzip zusammengedacht werden mit Chancen, die auch durch marktwirtschaftliche Prozesse entstehen! Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass wir weltweit noch weitere 70 Jahren Menschenrechte feiern können! Vielen lieben Dank. Vielen Dank, Dr. Köhler. – Nächste Rednerin: die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth.
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Christian Dürr FDP
Christian
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Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident. – Verehrter Herr Kollege Michelbach, das war ja der Klassiker, der mittlerweile einen unfassbar langen Bart bekommen hat. Ihr Bart ist übrigens deutlich kürzer als der vom Thema „Die FDP hätte das alles haben können“. Ich will noch mal ganz kurz an den November 2017 erinnern. Die Wahrheit ist: Damals haben wir in der Finanzkommission über das Thema „Entlastung, Steuertarif“ gesprochen. Damals haben wir insbesondere auch über das Thema Solidaritätszuschlag gesprochen. Wissen Sie, was die öffentliche Äußerung des von mir hochgeschätzten Ecki Rehberg war, als es damals darum ging, ob die CDU/CSU es mitmacht, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen? Damals war seine Antwort: Der vollständige Abbau des Solidaritätszuschlags in ein oder zwei Schritten ist für den Bundeshaushalt nicht finanzierbar … Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Union, die Wahrheit ist: Wenn Sie eine politische Mehrheit haben, um die Menschen in Deutschland zu entlasten, dann machen Sie es nicht. Wenn Sie diese politische Mehrheit nicht mehr haben, dann fordern Sie die Entlastung auf Bundesparteitagen. Das ist unredlich und hat mit echter Entlastungspolitik der Mitte nichts zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen. Herr Kollege Dr. Michelbach, Sie haben Gelegenheit, zu antworten.
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Jessica Rosenthal SPD
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage es, wie es ist: Dieses Gesetz, das wir heute hier beraten, ist ehrlicherweise ein Wunder. Jetzt mag man vielleicht die Stirn darüber runzeln, dass ich so eine kühne Bewertung hier vornehmen möchte. Das von uns heute debattierte Abkommen – der Staatssekretär hat es schon erwähnt – bündelt und verbessert die grenzübergreifende Ausbildung mit Frankreich, reagiert auf neue rechtliche Rahmenbedingungen in Frankreich, Teilzeitausbildungen werden eine Option, standardisierte zweisprachige Muster für Ausbildungsverträge werden zur Verfügung gestellt. Wenn man sich das so anhört, dann könnte man meinen: Das ist jetzt ein kleines Gesetzchen und ist ziemlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle hier im politischen Berlin. Ich bin bei dieser Bewertung aber der festen Überzeugung: Weit gefehlt! Wenn wir das ganze Gesetz mal aus historischer Perspektive betrachten, dann kommen wir darauf, dass es ein Wunder ist. Denn noch vor weniger als 100 Jahren – das ist ein halber Wimpernschlag in der Geschichte – standen sich unsere beiden Nationen im Zweiten Weltkrieg gegenüber, brachten wir als Deutschland unfassbares Leid nach Frankreich, über den ganzen europäischen Kontinent. Was für ein Wunder war es, welche Größe hatte das französische Volk, dass es Deutschland nur wenige Jahre später die Hand reichte! Der Élysée-Vertrag vor über 60 Jahren war der Anfang von dem Fundament eines geeinten Europas, eines Europas des Friedens und des Miteinanders. Deshalb möchte ich heute deutlich sagen: Es ist kein kleines Gesetzchen, sondern dieser Beschluss reiht sich ein in eine gewachsene, großartige Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland. Eine lange Zeit wäre es nämlich schlicht undenkbar gewesen, dass Französinnen, Franzosen und Deutsche den praktischen Teil ihrer Ausbildung im jeweils anderen Land machen. Ehrlicherweise hat das auch nichts mit einer pathetischen Blabla-Rede zu Europa zu tun, sondern genau so wunderbar ist es. Ich bleibe nämlich dabei und möchte mich damit auch an alle richten, die bei dieser Europawahl vielleicht das erste Mal wählen können: Dieses kleine Gesetz ist ein riesiges Wunder. Kurz bevor eure Großeltern geboren wurden, brachte man Schülerinnen und Schülern noch bei, dass man Franzosen hassen soll. Heute haben schon über 10 Millionen junge Menschen über das Deutsch-Französische Jugendwerk unsere beiden Länder besucht. Heute könnt ihr einen Schüleraustausch in Frankreich machen. Heute könnt ihr mit Erasmus einen Teil eurer Ausbildung oder des Studiums beispielsweise in Frankreich machen; das habe ich auch gemacht. Durch dieses Abkommen könnt ihr, wenn ihr an der Grenze zu Frankreich wohnt, den ganzen praktischen Teil eurer Ausbildung in einem französischen Unternehmen machen. Versteht ihr? Das ist ein riesiges Wunder, wenn man sich das in der historischen Perspektive anguckt. Früher haben junge Menschen in eurem Alter aufeinander geschossen, und jetzt arbeiten wir Hand in Hand. Das zeigt doch, dass es eben nicht egal ist, wer in diesem Land oder in Europa das Sagen hat. Deshalb: Nutzt eure Stimme! Wählt nicht den Nationalismus! Wählt nicht den Hass! Wählt demokratisch! Und wenn ihr ganz sicher sein wollt, dass die Rechten in Europa nichts zu melden haben, dann wählt sozialdemokratisch! Vive l’amitié franco-allemande! Vive l’Europe! Danke schön. Nicole Höchst hat das Wort für die AfD.
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Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste des Hohen Hauses! Nach dem feigen und hinterhältigen Anschlag auf dem Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 mit 12 Mordopfern und 50 Verletzten ist die Einführung eines neuen Entschädigungsrechts dringendst notwendig geworden. Daher begrüßen wir als AfD es grundsätzlich, dass die Regierung endlich versucht, für soziale Gerechtigkeit in Deutschland zu sorgen. Doch in einigen Teilen des SGB XIV ist es leider bei einem Versuch geblieben. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht zwar vor, dass mit der Gesetzesreform keine Leistungsverschlechterung für Opfer von Gewalttaten jeglicher Art hervorgehen soll. Die Realität sieht aber leider anders aus. Dass Sie als Koalition das neue SGB XIV innerhalb von drei Wochen durch die Gremien peitschen und am heutigen Tage im Bundestag verabschieden wollen, ist eine sportliche Leistung, birgt aber die Gefahr, dass der gute Wille zu einer Verschlimmbesserung führt. Ich weiß nicht, ob die Genossen der SPD Angst vor ihrem eigenen Bundesparteitag im Dezember haben; aber anders kann ich mir nicht erklären, warum deshalb die sozialen Gesetze wie erst kürzlich das Pflegelöhneverbesserungsgesetz im Schweinsgalopp auf den Weg gebracht werden. Wir als AfD-Fraktion haben in dem Bereich der Sozialen Entschädigung zwei Entschließungsanträge eingebracht, auf die ich gern näher eingehen möchte. Wir fordern die Einführung einer Clearingstelle, also einer Einrichtung zur Koordination und Schlichtung zwischen Trägern und Betroffenen. Gestellte Anträge werden zurzeit in der Regel in einem Zeitraum zwischen einem und drei Jahren bearbeitet. Kommt es dann noch zu einem Widerspruchsverfahren, verzögert sich der Vorgang auf unbestimmte Dauer. Wir erwarten, dass mit der Einführung einer Clearingstelle der hohe Prüf- und Verwaltungsaufwand deutlich reduziert werden kann; denn 2017 wurden 50 Prozent der Anträge abgelehnt. Durch die Einschaltung einer Clearingstelle werden der Verwaltung Möglichkeiten zu weiteren Verfahrensweisen aufgezeigt und damit das Risiko langer Verfahrensdauern gemindert. Kommen wir jetzt zu unserem zweiten Antrag. Die Einführung eines neuen Entschädigungsrechts sieht unter § 138 SGB XIV leider keine Verbesserung gegenüber § 10a des alten Opferentschädigungsgesetzes vor. Im Gegenteil: Der § 10a Opferentschädigungsgesetz samt der Härtefallregelung wurde in § 138 Absatz 3 ff. SGB XIV eins zu eins übernommen. Das bedeutet, der Anspruch auf einen Berufsschadensausgleich bleibt den Betroffenen, die vor dem 16. Mai 1976 Opfer einer Gewalttat wurden, auch weiterhin verwehrt. Ebenso bleiben den Betroffenen Heilbehandlungen, Rehamaßnahmen und andere Hilfen als Folge der Schädigung versagt. Im Falle einer Bedürftigkeit erhalten sie bestenfalls eine Erwerbsminderungsrente, die sehr gering ausfällt und auf andere Leistungen wie zum Beispiel Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Sie, Herr Heil – leider ist er nicht mehr da –, fordern im neuen Entschädigungsrecht auch noch eine Heranziehung von Vermögen bei der Beurteilung, ob eine Bedürftigkeit vorliegt oder nicht. Dies ist eine Verhöhnung der Opfer, insbesondere wenn man an Ihre vehemente Weigerung in der aktuellen Diskussion um die Bedürftigkeitsprüfung bei der Grundrente denkt. Für die Opfer aber bedeutet diese Bedürftigkeitsprüfung eine deutliche und spürbare Verschlechterung. Das neue Entschädigungsrecht sieht auch immer noch keine Gleichstellung von Leistungen in den neuen und in den alten Bundesländern vor. Wie soll man es jemandem plausibel machen, dass der Regierung das Leid, das zum Beispiel durch Missbrauch entstanden ist, von Opfern aus dem Osten weniger wert ist als das von Opfern aus dem Westen? 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sollte man doch meinen, dass diese Ungleichheit zwischen Ost und West endlich mal ein Ende hat. Mit unseren Entschließungsanträgen wollen wir für die betroffenen Opfer eine tatsächliche und gerechte Verbesserung schaffen. Ohne diese Veränderungen sehen wir mit der Einführung des neuen SGB XIV teilweise eine deutliche Verschlechterung der Situation der Geschädigten, da die Probleme aus der alten Gesetzeslage mit in das neue Gesetz übernommen werden und für die Betroffenen in den genannten Bereichen keine Verbesserungen entstehen. Das sieht der Weiße Ring übrigens auch so, Herr Kollege Bartke. Herr Präsident, ich komme jetzt zum Schluss. Das Gesetz verbessert sicherlich vieles, es führt aber auch teilweise, wie ausgeführt, zu Verschlechterungen, die wir als AfD im Sinne der Geschädigten verhindern wollen. Da dieses Gesetz für die Opfer und nicht für den Parteiproporz gemacht wurde, verstehen wir umso weniger, warum Sie unsere Vorschläge ablehnen. Ich appelliere noch einmal an Sie: Denken Sie bitte an die Opfer und nicht daran, reflexartig alle Anträge der AfD abzulehnen. Vielen Dank. Der nächste Redner: für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Peter Weiß.
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Esra Limbacher SPD
Esra
Limbacher
SPD
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Michael Müller und Frank Schwabe haben dankenswerterweise schon viele wichtige Punkte in Bezug auf Menschenrechte und Pressefreiheit sowie auf die außenpolitischen Sichtweisen auf China dargelegt. Erlauben Sie mir daher, einmal auf wirtschaftspolitische Aspekte einer China-Strategie – die wir ja dringend brauchen; da sind wir uns, glaube ich, alle einig – zu schauen. Ich habe mir die Debatte heute genau angehört und auch verfolgt, was in den vergangenen Tagen so veröffentlicht wurde. Herr Wadephul, Herr Spahn, ich muss ehrlich sagen: Ich bin ein bisschen verunsichert und irritiert, wenn nicht sogar besorgt. Was hat man dort gelesen? Der Bundeskanzler müsse seine China-Reise absagen, Investitionen deutscher Firmen dürften auf keinen Fall erfolgen, die deutsche Wirtschaft solle sich von der chinesischen Wirtschaft entkoppeln. Statt der Merkel’schen Losung „Wandel durch Handel“ zu folgen, müsse es also zu einem „Wandel durch keinen Handel“ kommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch Wahnsinn. Protektionismus, Abschottung und Entkopplung können nicht unsere Antworten auf die Fragen dieser Zeit sein. Bezogen auf die wirtschaftspolitische Diskussion hier frage ich mich ernsthaft: Haben Sie in letzter Zeit eigentlich mal mit Betriebsräten, mit Angestellten in der deutschen Industrie gesprochen? Haben Sie das? Mir scheint, das ist nicht der Fall. Die Coronapandemie, der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Putins, die Energiekrise, der Fachkräftemangel: Die Liste ist immer weiter fortsetzbar, und Sie wollen hier eine neue Krise, einen neuen Handelskonflikt herbeireden. Das ist unverantwortlich und findet nicht unsere Zustimmung. Das Negativbeispiel USA zeigt doch, wie es momentan nicht geht. Der protektionistische Subventionswettlauf ist eben keine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. Hier geht es nicht um irgendetwas, hier geht es um unseren Wirtschaftsstandort und um Arbeitsplätze vor Ort. Ich komme aus dem Saarland, wissen Sie, und da ist Transformation die Herausforderung, der wir gegenüberstehen. – Ich schaue Sie an, weil Sie das gesagt haben. – Das ist die Herausforderung. Wir kämpfen da um jeden Arbeitsplatz in der Industrie. Die Firmen, die dort investieren, kommen weder aus Wolfsburg noch aus der EU, die kommen nicht aus den USA, sondern eben aus China. Genau deswegen ist es so wichtig, dass wir uns nicht abschotten, sondern offen sind für Handel, auch mit China. Genau das muss unsere Strategie sein. Wenn wir auf diese Fragen der wirtschaftspolitischen Strategie in Bezug auf China schauen, dann stellt sich auch immer eine Frage: Können wir eine Doppelstrategie daraus machen? Ich finde, es muss eine Doppelstrategie sein: erstens Handel mit China ausbauen, zweitens diversifizieren und einseitige Abhängigkeiten beenden. Es ist ein Irrglaube, dass Handel per se zur Abhängigkeit führt. Ich finde, den Beweis dafür hat ein Institut erbracht, das keine Vorfeldorganisation der SPD ist, nämlich das ifo-Institut. Es hat den Warenverkehr zwischen Deutschland und China untersucht. Das Ergebnis war: Bei den meisten Produkten, die die EU aus der Volksrepublik bezieht, gibt es Alternativen auf dieser Welt. Gleichzeitig ist China auf den europäischen Absatzmarkt angewiesen. Das zeigt eines: Zwischen den beiden Handelsblöcken herrscht ein Gleichgewicht, das ein selbstbewusstes Auftreten Deutschlands ermöglicht. Das ist auch nötig bei so einer Doppelstrategie: Natürlich müssen wir auch auf die Probleme schauen, und das sind die einseitigen Abhängigkeiten in den Handelsbeziehungen, die es eben nicht geben darf. Genau daran muss gearbeitet werden. Teil einer China-Strategie muss also immer sein, dass wir insbesondere bei Rohstoffen und wichtigen Technologien diversifizieren und uns nicht einseitig abhängig machen. Also: Die Doppelstrategie, Abhängigkeiten abzubauen, Handel aufzubauen und Arbeitsplätze in unserem Land zu sichern, kann ein Ansatz für unser Land sein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Herr Wadephul, erlauben Sie mir zum Abschluss noch einen Kommentar. Wir alle können uns noch ganz gut erinnern, wie auch Sie, wie ich finde, gedankenlos im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in der Ukraine agiert haben. Man kann nur hoffen, dass Sie dies nicht auf die Taiwanfrage transferieren. Das hätte nämlich wahrlich schwere Folgen für unser Land. Wir brauchen klare Strategien und keinen Populismus. Das sind die Zeichen der Zeit. Vielen Dank.
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Beate Müller-Gemmeke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Beate
Müller-Gemmeke
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Menschen sind aus ganz unterschiedlichen Gründen langzeitarbeitslos. Manche haben keine Ausbildung, andere haben gesundheitliche Probleme, manchmal ist es einfach nur das Alter. Sie haben dann kaum Chancen, weil unsere Arbeitswelt nicht inklusiv ist. Langzeitarbeitslosigkeit ist also kein individuelles, sondern ein strukturelles Problem, und weil niemand freiwillig vom Existenzminimum lebt, geht es beim Thema Sanktionen natürlich auch um die Würde der Menschen. Da ist das Bundesverfassungsgericht sehr klar – ich zitiere –: Insbesondere die Menschenwürde ist ohne Rücksicht auf Eigenschaften und sozialen Status, wie auch ohne Rücksicht auf Leistungen garantiert; sie muss nicht erarbeitet werden, sondern steht jedem Menschen aus sich heraus zu. Genau deshalb ist uns Grünen ein Sanktionsmoratorium ein besonderes Anliegen. Auf dem Weg hin zum Bürgergeld klären wir gerade den Übergang. Dazu gehört natürlich auch das Thema Sanktionen. Das ist nicht immer einfach; aber wir sind uns in der Ampel sehr einig, dass beim Bürgergeld natürlich die Menschen im Mittelpunkt stehen. Zentral ist dabei, dass wir eine Teilhabevereinbarung einführen werden, und zwar als echten kooperativen Prozess und nicht einfach per Verwaltungsakt. Die Beschäftigten in den Jobcentern sollen mit den Erwerbslosen realistische Ziele, Teilziele vereinbaren, und zwar gemeinsam auf Augenhöhe; denn nur, wenn die Menschen die Angebote nachvollziehen können, wenn sie auch davon überzeugt sind, nur dann entsteht Motivation für den schwierigen Weg zurück in die Arbeitswelt. Genau das wollen wir mit dem Bürgergeld erreichen. Sanktionen treiben die Menschen häufig in prekäre Jobs, häufig befristet, nur für kurze Zeit. Das ist nicht nachhaltig, und auch das werden wir mit dem Bürgergeld verändern. Nicht alle langzeitarbeitslosen Menschen können direkt in Arbeit vermittelt werden. Viele brauchen erst einmal soziale Teilhabe. Sie brauchen Zwischenschritte, sie brauchen geschützte Räume, in denen sie sich ausprobieren und auch gute Erfahrungen sammeln können. Andere wiederum brauchen echte Qualifizierung. Die Angebote müssen also zu den Menschen passen. Es geht nicht nur um Vermittlung, sondern eben auch um Qualifizierung und um soziale Teilhabe. Deshalb werden wir den Vermittlungsvorrang abschaffen. Zurück zu den Sanktionen. Ja, es wird weiterhin Sanktionen geben, Herr Whittaker; aber wenn wir mit dem Bürgergeld den Perspektivwechsel schaffen, mit Beratung auf Augenhöhe, mit individueller Unterstützung, und das alles mit Respekt und Verantwortung, dann braucht es keine sogenannten Aktivierungsmaßnahmen, und dann braucht es auch keine Sanktionen. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Vielen Dank. Vielen Dank, Frau Kollegin Müller-Gemmeke. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Peter Aumer, CDU/CSU-Fraktion.
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Thomas Jarzombek CDU/CSU
Thomas
Jarzombek
CDU/CSU
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bemitleide den Kollegen Krischer, weil er während seiner Rede so schreien musste. Die Mikrofone funktionieren aber, stelle ich fest. Herr Krischer, Sie sind ja sozusagen der inoffizielle dieselpolitische Sprecher der Grünenfraktion. Das, was ich nicht begreife, ist, warum Sie, wenn Sie den Vorwurf an den Bundesverkehrsminister richten, er sei schuld daran, dass durch Tricksereien bei der Software der Autos die Grenzwerte nicht eingehalten werden, sagen, dass ein Update dieser Software zur Einhaltung der Zulassungswerte nichts bringen soll. Das ist der Kern dessen, was der staatliche Rahmen ist. Darüber hinaus erwecken Sie pausenlos den Eindruck, als ob Dieselfahren in Deutschland direkt nach Geschwistermord kommt. Das wird vielen Menschen nicht gerecht, die Autos gekauft haben, die mit dafür sorgen, dass die Luftqualität in Deutschland besser geworden ist. Man bekommt ja den Eindruck, sie wäre schlechter geworden. Meine Damen und Herren, in meiner Heimatstadt Düsseldorf werden Kontrollen vorgenommen. Wenn man sich diese Kontrolldaten ansieht, stellt man fest, dass die Stickoxidwerte gesunken sind und dass angesichts dieser Entwicklung in vier Jahren alle Grenzwerte eingehalten werden. Wenn Sie heute die Jagd auf die Dieselfahrer eröffnen und, weil es irgendwo noch drei Jahre Umstellungszeitraum gibt, die Autos der Leute verschrotten wollen, dann werden jedenfalls wir als CDU/CSU-Fraktion dabei nicht mitmachen. Ich möchte heute zur Digitalisierung sprechen. Die Digitalisierung im Verkehr ist übrigens auch etwas, was die Grünen überhaupt nicht auf dem Zettel haben. Dass die realen Emissionswerte so weit von denen auf dem Rollenprüfstand abweichen, liegt auch daran, dass in manchen Städten, wo die Grünen regieren, die Ampeln so programmiert sind, dass Sie garantiert jedes Mal eine rote Ampel sehen, wenn Sie an eine Kreuzung kommen. Das Bremsen und Beschleunigen verursacht nicht weniger Ausstöße. Lieber Herr Krischer, ich würde gerne mit Ihnen zusammen eine Initiative starten und die Ampeln so vernetzen, dass die Autos bei optimalen Gegebenheiten durchfahren können. Das würde sowohl den Lärm als auch die Emissionen senken. Gestatten Sie eine Zwischenfrage? Wenn er nicht so schreit, ja. – Ach so, vom Kollegen Janecek. Ja, wunderbar. Lieber Kollege Jarzombek, wir kennen uns ja aus dem Ausschuss Digitale Agenda. Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass die Stadt Darmstadt, die von einem grünen Oberbürgermeister regiert wird, im Jahr 2017 als „Digitale Stadt“ ausgezeichnet worden ist, weil sie das Thema „Mobilität, Vernetzung, Digitalisierung“ in den Vordergrund stellt und auch umsetzt. Genau das ist es, was wir Grüne wollen, nämlich in der Fläche – übrigens auch für die ländlichen Räume – eine Mobilität des Teilens mittels digitaler Modelle zu ermöglichen. Die letzte Bundesregierung war da nicht besonders fortschrittlich. Nehmen Sie das zur Kenntnis, und stimmen Sie mir zu, dass wir da entschlossen vorangehen müssen? Herr Kollege Janecek, ich stimme Ihnen auf jeden Fall zu, dass es auch bei den Grünen vernünftige Leute gibt. Wenn die sich in Darmstadt finden, dann gratuliere ich der Stadt dazu. Ich kann Ihnen aber aus meiner Erfahrung sagen: Wenn ich versuche, hier in Berlin zum Reichstag zu kommen, sind da nicht nur vernünftige Leute am Werke. Sie haben natürlich in einem Punkt recht – da sind wir uns einig –: Wir müssen mehr für die Breitbandinfrastruktur in Deutschland tun. Deshalb hat die Bundesregierung bereits in der letzten Legislaturperiode 4,4 Milliarden Euro dafür zur Verfügung gestellt. Die Krux ist, dass Deutschland wahrscheinlich das einzige Land auf der Welt ist, wo Breitbandkabel unterirdisch verlegt werden müssen. Das ist der Unterschied zu Rumänien und anderen Ländern. 80 Prozent der Kosten des Breitbandausbaus sind hier Tiefbaukosten. Darüber hinaus sind viele Kapazitäten erschöpft; wir haben komplizierte Ausschreibungsverfahren. Das ist der Grund, warum Mittel in Höhe von über 3 Milliarden Euro zugesagt, aber noch nicht abgerechnet wurden. Die Projekte sind in der Umsetzungsphase. Viele dieser Projekte werden in den nächsten Jahren dazu beitragen, die Breitbandversorgung im ländlichen Raum zu verbessern. Damit werden wir uns aber nicht zufriedengeben; wir werden weitermachen. Im Koalitionsvertrag haben wir 10 Milliarden Euro dafür vereinbart, übrigens, Kollege Sitta, unabhängig von den Auktionserlösen der Mobilfunkfrequenzen; da stimme ich Ihrer Bewertung zu. Mit diesen 10 Milliarden Euro werden wir unsere Ziele neu justieren, und zwar von 50 MBit auf 1 000 MBit. Dafür brauchen wir die Unterstützung der Europäischen Union; denn zu den Absurditäten des Breitbandausbaus gehört, dass wir Anschlüsse mit 30 MBit oder mehr gar nicht fördern dürfen. Ich sehe den Wunsch nach einer weiteren Zwischenfrage. Das ist für meine Redezeit ideal. – Bitte. Die müssen wir dann zulassen. Sie haben selbstverständlich ein Recht auf eine Zwischenfrage. Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Jarzombek, ist Ihnen bekannt, dass die Definition „50 MBit“ in diesem Zusammenhang schon lange nicht mehr stimmt? Die Aufgreifschwelle liegt bei 30 MBit. Das heißt, die frühere und die jetzige Bundesregierung garantieren einen Breitbandzustand mit 30 MBit. Im Koalitionsvertrag ist auch nicht definiert, was Sie unter der Breitbandgarantie bis 2025 verstehen. Da ist nicht von 1 GBit die Rede. Bei 30 MBit liegt die Aufgreifschwelle der Europäischen Union. Unsere Zielmarke sind 1 000 MBit. – Um das am konkreten Beispiel zu beschreiben: Von diesen 4,4 Milliarden Euro gehen 400 Millionen Euro in ein Programm für den Ausbau von Breitband in Gewerbegebieten. Wenn ein Gewerbegebiet 40 Gewerbeeinheiten hat, von denen 17 Gewerbeeinheiten über 32 MBit und die restlichen 23 Gewerbeeinheiten über 16 MBit verfügen, und wir eine Förderung auf den Weg bringen, um auf 1 000 MBit aufzurüsten, dann muss der Bagger um die 17 Einheiten herumfahren; denn die bleiben bei 32 MBit. Ich finde, das ist eine absurde Politik. Das müssen wir in Europa ändern; sonst werden wir in Deutschland keinen konformen Breitbandausbau machen können. Ihre Frage zu dem garantierten Breitbandanschluss im Jahr 2025 – so weit war ich ja noch gar nicht – ist relativ einfach zu beantworten: Das geht einher mit der Universaldienstverpflichtung, die wir in dieser Legislaturperiode noch beraten werden. Dann werden wir auch sehen, wie das genau ausgestaltet wird. Das kann man jetzt nicht vorwegnehmen. Aber klar ist, dass es einen Anspruch auf die Bandbreite geben wird, die 80 Prozent der Bevölkerung haben. Das wird im Jahr 2025 1 GBit sein. Dafür nehmen wir diese Mittel in die Hand. Im Übrigen ist es ein Missverständnis, dass wir mit Staatsmitteln jeden Anschluss in Deutschland auf 1 000 MBit aufrüsten. Ich glaube, gerade in den innerstädtischen Bereichen werden die Unternehmen das im Wettbewerb machen. Wir haben heute schon eine Reihe Anschlüsse mit 400 oder 500 MBit, die wir in den nächsten Jahren auf 1 000 MBit bringen wollen. Ich glaube aber, dass es nicht unsere Aufgabe ist, da staatliche Mittel zu investieren, wo es auch Private machen können. Was wir tun müssen, ist, uns auf den ländlichen Raum zu fokussieren. Wir haben hier eine Open-Access-Verpflichtung verabredet. Das ist, glaube ich, richtig, damit man nicht an einen Anbieter gebunden ist. Den Rechtsanspruch haben Sie benannt. Das letzte Thema, das uns dieser Tage ja sehr beschäftigt, ist die Frequenzauktion der fünften Mobilfunkgeneration. Hier ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir schnell vorwärtskommen. Wir haben immer gesagt: Wir wollen das erste Land in Europa sein, in dem es 5G gibt. – Wir haben im Koalitionsvertrag verabredet, dass wir in fünf Regionen damit anfangen wollen. Wir diskutieren im Beirat der Bundesnetzagentur darüber, wie wir es schaffen können, dass diese Netze auch im ländlichen Raum funktionieren; denn da gibt es heute noch große Lücken: auf den Kreisstraßen, auf den Staatsstraßen, teilweise sogar auf den Bundesautobahnen. Hier sind wir dabei, ein besseres Regime vorzubereiten, damit wir durchsetzen können, dass die Versorgungsauflagen auch eingehalten werden. Am Schluss ist mir wichtig, eines noch zu sagen: Wenn wir das Internet der fünften Generation einführen, dann muss das auch für die Hidden Champions im ländlichen Raum verfügbar sein. Der Unternehmer, der im Sauerland oder im Münsterland seine Industriehalle mit 5G ausrüsten will, muss das vom ersten Tag an können; er soll nicht darauf warten müssen, bis irgendein Anbieter das in seiner Region ausbaut. Deshalb werden wir einen Teil des Spektrums für Anwendungen vor Ort reservieren, die den Industrieunternehmen die Möglichkeit geben, von dieser Technik als Erste zu profitieren. Vielen Dank. Ich erteile als nächstem Redner dem Kollegen Dr. Dirk Spaniel von der AfD-Fraktion das Wort.
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Dr.
Dr. Alice Weidel AfD
Alice
Weidel
AfD
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Diese Aussprache hat Züge des Surrealen. Wir sprechen über einen Haushalt – ich kann mir schon vorstellen, warum Sie lachen –, nach dem eine Bundesregierung arbeiten soll, die eigentlich schon gescheitert ist, die zerstritten und innerlich zerfallen ist, eine Regierung, deren einzelne Bestandteile mal mit- und mal gegeneinander, vor allem aber mit sich selbst und mit dem eigenen Überleben beschäftigt sind. Die Dauerkrise, in der sich diese Regierung seit ihrem mühseligen Zustandekommen befindet, durchzieht auch das vorliegende Zahlenwerk. Dieser Haushalt ist ein Haushalt des Weiter-so, eines Weiter-so, in dem Sie, Frau Bundeskanzlerin, sich eingerichtet haben, das unser Land sich aber schon lange nicht mehr leisten kann: nicht finanziell und nicht gesellschaftlich und weder innen- noch außenpolitisch. Davon wollen Sie aber nichts hören. Ihre Weigerung, Fehler zu erkennen und Fehlentscheidungen zu korrigieren, ist notorisch. Die Haushaltsberatungen, die hinter uns liegen, haben das ein ums andere Mal bestätigt, Herr Kauder. Nichts ist gelöst in Deutschland. Frau Merkel, auf keine einzige der drängenden Zukunftsfragen unseres Landes haben Sie und Ihre Regierung eine Antwort. Die Staatsquote ist immer noch viel zu hoch. Deutschland braucht eine radikale Steuerreform, die für Verdiener den Grundbedarf aller Haushaltsmitglieder in vollem Umfang und in angemessener Höhe steuerfrei stellt. Sie nehmen das Geld der Bürger, das nicht zuletzt die derzeit noch aktiven und gut ausgebildeten Babyboomer reichlich erwirtschaften, freuen sich über scheinbar glänzende Haushaltszahlen, die Ihnen die fortwährende schleichende Enteignung der Bürger durch die Nullzinspolitik der EZB verschafft, und verschleudern den Wohlstand unseres Landes, als gäbe es kein Morgen. Steigende Staatseinnahmen sind für Sie offensichtlich kein Grund, den Bürgern das zu viel Abgenommene zurückzugeben. Lieber erfinden Sie neue Ausgabentatbestände für noch mehr Umverteilung, für noch mehr Klientelpolitik und Ideologieprojekte, für die Rettung des Euros und natürlich für die Alimentierung von Millionen von Asyleinwanderern. – Ja, es ist ja auch so. – Dabei würden der Wohlstand und die finanziellen Spielräume, die die Bürger und die Unternehmen trotz aller Widrigkeiten immer noch erwirtschaften, dramatisch und dringend gebraucht, zum Beispiel, um unsere Bildungssysteme auf Vordermann zu bringen und unsere Sozialsysteme zukunfts- und demografiefest zu machen. Sie gründen eine Kommission zur Sicherung der Altersvorsorge über das Jahr 2025 hinaus, Sie geben Parolen von stabilen Beiträgen und Rentenniveaus aus, und die Ressourcen, die dafür benötigt würden, werfen Sie mit vollen Händen zum Fenster hinaus. Schlimmer noch, Sie sägen und hacken mit Hingabe an den Grundlagen und Wurzeln unseres bisherigen Wohlstandes herum: mit der unbelehrbaren Weiterverfolgung einer gescheiterten Energiewende, die außer den höchsten Strompreisen der westlichen Welt, sinkender Versorgungssicherheit und Ressourcenverschleuderung in jährlich zweistelliger Milliardenhöhe nichts gebracht hat, und mit einer Mobilitätswende, die in Wahrheit ein unverhohlener, von bornierten Ideologen angezettelter Krieg gegen das Automobil und die an ihm hängende Industrie und mittelständische Wirtschaft mit allen ihren Arbeitsplätzen ist. Dort werden nämlich die Steuergelder erwirtschaftet, die Sie so gerne und reichlich verteilen, nicht zuletzt an sich selbst; denn das Einzige, was Ihre Chaoskoalition in gut drei Monaten geräuschlos und schnell über die Bühne gebracht hat, war ja die dreiste Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung für Sie selbst. Handwerksmeister und Industriefacharbeiter, Handel und Gewerbe schaffen Produktivität und Wohlstand – und nicht steuerfinanzierte Sozialpädagogen und Gender-Professorixe. Die Euro-Krise hängt noch immer wie ein Damoklesschwert über Deutschland. Die Rettung Griechenlands sei abgeschlossen, heißt es. Dabei ist die vermeintliche Abschlussregelung nur eine weitere Kreditlinie für ein hoffnungslos überschuldetes Land. Ist die verbraucht, kommt der Ruf nach dem nächsten Rettungspaket. Die 229 Milliarden Euro, die Griechenland als Hilfskredite von den Euro-Staaten bekommen hat, dürften weg sein. Die Fiktion, sie würden eines Tages zurückgezahlt, ist ein billiger Bilanztrick. Und ganz ehrlich: Das wissen Sie auch. Uneinbringlich dürften auch die TARGET2-Forderungen der Bundesbank an andere Zentralbanken des Euro-Systems sein, die inzwischen an der Billionengrenze kratzen. Das deutsche Exportwunder wurde über unbegrenzte Blankochecks finanziert, reale Industriegüter wurden eingetauscht gegen theoretische Forderungen, und das Risiko trägt, wie immer, der deutsche Steuerzahler. Ich stelle die Frage: Was ist, wenn die Krise in Italien offen ausbricht, das allein für fast die Hälfte der deutschen TARGET2-Außenstände steht? Ohne an die Folgen zu denken, treiben Sie die Banken-, Haftungs- und Transferunion voran, machen Sie dem französischen Präsidenten Macron Zusagen für ein Euro-Zonenbudget, mit dem das Haushaltsrecht der nationalen Parlamente ausgehebelt werden soll, und all das nur, um sich in Europa den Anschein eines Rückhaltes zu erkaufen, der Ihnen im eigenen Land unter den Händen zerrinnt. Selten haben Regierungen in so kurzer Zeit so viele Zukunftshypotheken aufgeladen und es trotz guter Ausgangslage so fahrlässig heruntergewirtschaftet, wie die von Ihnen seit 13 Jahren angeführten Koalitionen. Das unwürdige Schauspiel, das Sie uns in den vergangenen Tagen und Wochen zugemutet haben, sprengt allerdings alles bisher Dagewesene. Ihre Weigerung, den Irrweg Ihrer Willkommenskultur einzugestehen und die notwendigen Maßnahmen zur Kurskorrektur wenigstens einzuleiten, hat die aktuelle Regierungskrise ausgelöst, die mit Ihrem Pyrrhussieg über Horst Seehofer noch längst nicht ausgestanden ist. Sie demontieren Ihren Innenminister, weil er damit droht, nach drei Jahren willkürlicher Außerkraftsetzung wenigstens teilweise wieder geltendes Gesetz anzuwenden. Um das zu verhindern, missbrauchen Sie Ihre Richtlinienkompetenz. Schauen Sie einmal ins Grundgesetz. Lassen Sie es sich von einem Verfassungsrechtler erklären: Die Richtlinienkompetenz ist nicht dazu da, Recht und Verfassung dauerhaft außer Kraft zu setzen. Der britische Politikwissenschaftler Anthony Glees bemerkte nach Ihrer willkürlichen, einseitigen Außerkraftsetzung geltenden Rechts im September 2015, Deutschland werde als durchgeknallter „Hippie-Staat“ wahrgenommen, der zum rationalen Handeln nicht mehr fähig sei. Die Wahrnehmung ist im Übrigen nicht besser geworden. Vom Standpunkt einer wachsenden Zahl unserer Nachbarn im Norden, Süden, Osten und Westen ist Deutschland ein Narrenhaus, und im Kanzleramt ist die Zentrale. Von dem EU-Migrationsgipfel haben Sie ein Bündel von vagen Absichtserklärungen und unverbindlichen Allgemeinplätzen mitgebracht, die Sie uns als europäische Lösung verkaufen wollen. Reihenweise aber widersprechen andere EU-Staaten Ihrer eigenwilligen Interpretation, mit der Sie sich Ihre leeren Hände schönreden wollen. Deutschland ist unter Ihrer Regierung vom Motor und Stabilitätsanker zum Chaosfaktor geworden. Das lassen Sie uns hier mal ganz klar sagen. Und jetzt Ihr Kompromiss mit der CSU, mit dem Sie die Schwesterpartei noch einmal auf Linie gebracht haben, während der andere Koalitionspartner schon wieder meutert. Horst Seehofer hat auf seine ursprüngliche Hauptforderung, wenigstens bereits registrierte und mit Einreiseverbot belegte Asylbewerber schon an der Grenze abzuweisen, verzichtet und darf Innenminister bleiben. Was heißt das konkret? Statt geltendes Recht durchzusetzen, trägt Seehofer, trägt die CSU die Herrschaft des Unrechts weiter mit, so wie vor gut zwei Jahren, als er eine Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Politik der offenen Grenzen ankündigte und nie lieferte. Geliefert hat dafür jetzt die AfD-Bundestagsfraktion. Herr Seehofer, schade, Sie hätten Ihre Ehre wirklich retten können als der Mann, der Deutschland einen Neuanfang ermöglicht. Jetzt wird man sich an Sie als Agonie-Verlängerer der Ära Merkel erinnern. Wie lange noch, Frau Merkel, wollen Sie unsere Geduld strapazieren und dieses unwürdige Schauspiel in die Länge ziehen? Was muss eigentlich noch alles geschehen, um Sie zur Einsicht zu bringen? Wie lange wollen Sie uns noch mit Bluffs, mit Pseudoabkommen und Planankündigungen – voller Hintertüren und Seitenausgängen – hinhalten, aus denen doch nie etwas wird? Sie sind auf der ganzen Linie gescheitert. Sie haben nichts erreicht, außer mit allen Kniffen und Listen noch etwas länger auf dem Sessel einer Kanzlerin zu sitzen, die einer längst schon innerlich zerbrochenen Koalition vorsteht. Dafür spalten Sie Deutschland. Dafür spalten Sie Europa. Dafür spalten und zerlegen Sie Ihre wackelige Koalition und am Ende Ihre eigene Partei. Machen Sie also dem Trauerspiel ein Ende, und treten Sie bitte ab. Jetzt erteile ich das Wort der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel.
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Dr. Christian Wirth AfD
Christian
Wirth
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Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Eins vorab: Vieles im vorliegenden Antrag der Union finden wir gut. Unser Grundgesetz ist zweifellos eine großartige Errungenschaft, auf die wir alle stolz sein können. Und der Weg dorthin war schwer, wie ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt. Bereits 1817 zogen Hunderte Burschenschafter von vielen deutschen Universitäten auf die Wartburg bei Eisenach. Unter dem Wahlspruch „Ehre, Freiheit, Vaterland“ forderten sie ein Ende der deutschen Kleinstaaterei und verfassungsrechtlich garantierte Freiheitsrechte. Der Jenaer Professor Heinrich Luden fasste im Anschluss an das Wartburgfest die Forderungen zusammen, von denen uns viele bekannt vorkommen: die Gleichheit vor dem Gesetz, Sicherheit der Person und des Eigentums, Rede- und Pressefreiheit und einiges mehr. Die Formulierungen von 1817 gingen teilweise wortgleich in die Paulskirchenverfassung, später in die Weimarer Verfassung und 1949 in unser Grundgesetz über – im Übrigen auch in die Verfassung der Republik Österreich. Auch die Schattenseiten unserer Geschichte haben das Grundgesetz geprägt. Blickt man in die Verfassung anderer Staaten, so sieht man: Sie beginnen meistens mit nüchtern formulierten Bestimmungen zur Staatsform: Frankreich ist eine unteilbare, laizistische, demokratische und soziale Republik. Österreich ist eine demokratische Republik und ein Bundesstaat. Bei uns ist es anders. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es in Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Unsere Verfassung beginnt aus gutem Grund mit einer Folge von Abwehrrechten des Bürgers gegenüber dem Staat. Der „Tag des Grundgesetzes“ ist sicherlich ein Grund, zu feiern und vor allem zu gedenken, welche Intention die Verfasser unseres Grundgesetzes mit ihren Formulierungen im Sinn hatten. Nur allzu oft werden heutzutage Grundsätze zeitgeistig uminterpretiert – von leider vielen hier im Hause, aber auch von Behörden, die ihrem Namen nach vorgeben, diese Verfassung zu schützen. Das Anliegen des Unionsantrages ist gut. Patriotismus trägt, wie Sie schreiben, zum Erhalt und zur Stabilisierung des Gemeinwesens durch Identifikation der Bürger mit ihrem Staat bei. Ein bisschen mehr Mut hätte man von der Union dennoch erwarten können. Patriotismus wird sicherlich nicht allein durch unsere Rechts- und Verfassungsordnung geweckt, so wichtig und gut sie auch sein mögen. Reiner Verfassungspatriotismus wird unserer Kultur nicht gerecht. Es bedarf zusätzlich weiterer Identifikationsmerkmale. Neben den auch von der Union aufgeführten deutschen Staatssymbolen wie unseren Farben Schwarz-Rot-Gold und dem „Lied der Deutschen“ sind es doch emotionale Dinge, die uns einen: unsere Kultur mit all ihren Facetten, unsere gemeinsame Geschichte mit ihren Licht- und auch Schattenseiten und natürlich unsere schöne deutsche Sprache. Diese Punkte sind es doch vor allem, die uns zusammenschweißen, und diese sollten auch stärker gepflegt werden. Leider passiert oft das Gegenteil. Von der Verhunzung der deutschen Sprache will ich gar nicht anfangen. Ernsthafte Sorgen machen mir beispielsweise Äußerungen der FDP, die unsere Sprache als Wettbewerbsnachteil auf dem internationalen Arbeitsmarkt ansieht. Unsere Kultur wird auf irgendwelche Schrulligkeiten wie das Reservieren einer Liege am Hotelpool mit einem Handtuch reduziert. Bezogen auf unsere Geschichte brauchen wir selbstverständlich eine verantwortungsbewusste Erinnerungskultur. Aber wir brauchen eben auch einen Bezug zum Positiven, wie es etwa der Antrag in Bezug auf die Gründungsgeschichte der Bundesrepublik fordert, einen Teil unserer Geschichte, auf den man patriotisch zurückblicken kann. Wenn wir es schaffen, einen positiven Bezug zu diesem Land zu vermitteln, dann klappt es auch wunderbar mit der Integration, eben weil man stolz sein kann, ein Teil davon zu werden. Ein gutes Beispiel hierfür sind die USA. Ein „Tag des Grundgesetzes“ ist ein guter Anfang. Ich wünsche mir noch mehr. Vielen Dank. Glück auf! Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Lukas Benner.
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Müller
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Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Detlef Müller. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns in der vierten und hoffentlich letzten großen Welle der Coronapandemie. Die Inzidenzzahlen steigen in vielen Regionen – ich komme aus Sachsen – auf bisher nicht gekannte Höhen. Solange wir keine ausreichende Impfquote erreichen, müssen in allen Bereichen Maßnahmen ergriffen werden, die für die Sicherheit der Menschen in unserem Land sorgen. Das tun wir mit dieser Änderung des Infektionsschutzgesetzes auch für den Bereich Mobilität und Verkehr. Sie, meine Damen und Herren, kennen es doch aus eigenem Erleben, insofern Sie öffentliche Verkehrsmittel nutzen: volle Bahn, dicht gedrängt im Bus, im Hinterkopf aber das Wissen um das hohe Infektionsgeschehen, und nicht jeder Fahrgast trägt die Maske auch tatsächlich passend. Alles zusammen: kein gutes Gefühl. Wir müssen auch die Mobilität für alle Nutzerinnen und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne des Infektionsschutzes sicher gestalten. Deswegen ist die nun kommende 3-G-Regel in öffentlichen Verkehrsmitteln für Fahrgäste und Personal nur folgerichtig und wird auch allenthalben begrüßt, unter anderem auch durch den Deutschen Städtetag. Sie schließt, Herr Kleinwächter, grundsätzlich niemanden aus, ermöglicht aber allen eine höhere Sicherheit, indem sie klarstellt, dass eben nur geimpfte, genesene oder getestete Personen öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Die großen Fragen lauteten aber: Wie soll das funktionieren, wer soll diese Regelung durchsetzen, und wer soll sie kontrollieren? Deshalb war es uns wichtig, diese Regeln praktikabel zu gestalten. Wir setzen auf stichprobenartige Prüfungen anstelle von Zutrittskontrollen, die in unserem öffentlichen Verkehr auch gar nicht umsetzbar wären. Und, meine Damen und Herren, es wird im Regelfall eben nicht die Zugbegleiterin und nicht der Busfahrer sein, die bzw. der diese Regeln durch- oder umsetzen muss. Firmeneigene oder externe Sicherheitsunternehmen sind gefordert wie jetzt schon bei den Fahrausweiskontrollen. Auch die Bundespolizei und die Polizeien der Länder sowie die Ordnungsbehörden der Kommunen sind gefragt, diese Stichprobenkontrollen durchzuführen und sie auch zu unterstützen. Zur praktischen Umsetzbarkeit gehört aber auch, dass Schülerverkehre von der 3‑G-Regel ausgenommen sind; denn es ist schlichtweg nicht möglich, dass Kinder und Jugendliche sich vor der Fahrt zur Schule testen lassen, zumal sie bereits jetzt zwei- bis dreimal die Woche im Unterricht getestet werden. Wir haben auch die Taxiverkehre von den 3‑G-Regeln ausgenommen; denn Taxen werden eben nicht von großen Gruppen, die untereinander nicht weiter in Kontakt stehen, genutzt. Meine Damen und Herren, all diese Regelungen werden die Sicherheit im öffentlichen Personenverkehr erhöhen. Klar ist aber auch, dass all diese Regeln nichts nützen, wenn einzelne Menschen nicht bereit sind, Rücksicht aufeinander zu nehmen, Rücksicht, indem sie ihre Mund-Nasen-Maske so tragen, dass sie Mund und Nase genau bedeckt, und vor allem Rücksicht, indem sie sich ihrer eigenen Verantwortung bewusst werden und ein Impfangebot in Anspruch nehmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Jan-Marco Luczak.
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Volker Mayer-Lay CDU/CSU
Volker
Mayer-Lay
CDU/CSU
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Wenn wir eine Blaupause dafür bräuchten, wie man politische Ziele bürokratisieren und theoretisieren kann, dann müssten wir uns eigentlich nur diese Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung anschauen, über die wir heute debattieren. Wenn ich mir allein das Organigramm, die Nachhaltigkeits-Governance, anschaue, dann sehe ich, dass das wirklich unübersichtlicher als Albert Einsteins Herleitung zur Relativitätstheorie ist – Bürokratie 2.0! Anders kann man das eigentlich gar nicht beschreiben. Mich würde mal interessieren, wie die Bundesregierung mit dieser Nachhaltigkeitsstrategie im politischen Handeln bei den Menschen ein Bewusstsein und Verständnis für Nachhaltigkeitsfragen wecken will. Papier allein ist bekanntlich geduldig. In der öffentlichen Wahrnehmung wird Nachhaltigkeit regelmäßig nämlich immer noch mit Klimaschutz und CO2-Einsparungen gleichgesetzt, als wären kurzfristige, vielleicht sogar nur regionale Maßnahmen – seien sie auch noch so minimal in ihren Auswirkungen – wichtiger als alle anderen Fragen und würden sie sogar zum Rechtsbruch befähigen, wie wir das bei Lützerath erlebt haben. Deutschland droht für die Zukunft durch überambitionierte, rein nationale Maßnahmen zum Klimaschutz inzwischen doch eine teilweise Deindustrialisierung. Die Nachhaltigkeitsziele sind aber global zu betrachten, und diese international zu erreichen, schaffen wir nicht, wenn wir unsere Industrie, die ökologischer und sozialer als fast überall auf der Welt ist, in Länder mit niedrigen Standards vertreiben, dorthin, wo weiterhin die Luft und das Wasser verschmutzt werden und üble Arbeitsbedingungen herrschen. Ich vermisse das klare Bekenntnis der Bundesregierung zu allen drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Soziales und eben ökonomische Effizienz. Nachhaltigkeit bedeutet auch gerechtes Wachstum. Nachhaltigkeit bedeutet auch beständige Rentabilität. Nachhaltig ist eine Transformation der Wirtschaft, was Zeit braucht. Nachhaltigkeit bedeutet nach Ansicht der Union, die Wirtschaft zu stärken, das Klima zu schützen und Arbeit zu schaffen. Nur einen Teilaspekt davon zu betrachten und ohne Rücksicht auf Verluste eine moralische Vorreiterrolle in der Welt zu übernehmen, bevor andere Länder überhaupt nur daran denken, den gleichen Weg einzuschlagen, das ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit, nämlich Vergänglichkeit. Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion hat das Wort Jakob Blankenburg.
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Bernd Westphal SPD
Bernd
Westphal
SPD
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die soziale Marktwirtschaft ist eingebettet in unser Grundgesetz – und das in diesem Jahr schon seit 70 Jahren. Dieses Modell ist deshalb erfolgreich, weil es ökonomisch, sozial gerecht und auch ökologisch ist. Und um es gleich klarzustellen: Zum Grundgesetz gehört auch Artikel 14, Schutz des Eigentums. Dazu gehören aber gleichzeitig auch die Verpflichtung und die Verantwortung, die man aufgrund dieses Eigentums hat. Wir als SPD kennen die positiven Faktoren einer Marktwirtschaft und bekennen uns auch dazu. Gerade Wettbewerb und Innovation bringen Fortschritt und führen zu günstigen Preisen bei technisch innovativen Produkten und bei Dienstleistungen für die Verbraucher. Technischer Fortschritt war aber auch immer verknüpft mit sozialem Fortschritt. Das ist in den letzten Jahren sicherlich nicht mehr immer so gewesen. Insofern gibt es im System der sozialen Marktwirtschaft Schwächen. Deshalb muss die Politik Leitplanken setzen, innerhalb derer sich die soziale Marktwirtschaft entwickelt. Darüber muss man sicherlich reden. Wir haben erfolgreiche Instrumente wie zum Beispiel die Tarifautonomie, die grundgesetzlich geschützt ist. Die Gewerkschaften sind mit für den Ausgleich der Interessen zuständig. Sie führen Tarifverhandlungen oder verhandeln über die Arbeitsbedingungen und andere Dinge. Das ist ein sehr erfolgreiches System. Auch die Mitbestimmung mit Jugendvertretern, mit Betriebsräten und Aufsichtsräten führt dazu, dass sich in dem erfolgreichen System der sozialen Marktwirtschaft mit der Sozialpartnerschaft ein Ausgleich von Interessen etabliert hat. Das sind Errungenschaften in vielen Bereichen, nämlich des Arbeitsschutzes, der Weiterbildung, der Innovation und auch der Beratungen über Investitionen. Durch Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft wäre es notwendig, sich auch diesen Mitbestimmungsthemen zu widmen. In einer Demokratie müssen wir uns mit dem, was wir hier diskutieren und beschließen, genau diesen Themen stellen. Deutschland ist erfolgreich – nicht trotz, sondern wegen dieser sozialen Standards. Politik muss aber auch dann einen klaren Rahmen setzen, wenn der Markt versagt. Trotz der Erfolge der sozialen Marktwirtschaft sehen wir, dass der Staat in vielen Bereichen eingreifen muss. Ich will einige Beispiele nennen. Der Staat muss zum Beispiel angesichts der abnehmenden Tarifbindung reagieren. Das haben wir erfolgreich getan, indem wir mit dem Mindestlohn eine Untergrenze der Bezahlung eingeführt haben. Ich könnte mir vorstellen, dass wir mit einer leichteren Allgemeinverbindlichkeitserklärung mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu einer tariflichen Bezahlung verhelfen. Das Gleiche gilt auf dem Wohnungsmarkt. Hier haben wir mit der Einführung der Mietpreisbremse und mehr Mitteln für den sozialen Wohnungsbau reagiert. Hier gibt es staatliche Eingriffe, die genau dieses Defizit in diesem Marktsegment bereinigen. Bei der Energieerzeugung sehen wir, dass wir mit der jetzigen Struktur und herkömmlichen Art der Energieerzeugung unser Klima schädigen. Deshalb setzt Politik klare Bedingungen, wie wir CO 2 -Emissionen reduzieren können, wie wir unser Energiesystem für die Zukunft umwelt- und klimafreundlich gestalten. Aber das geschieht natürlich auch mit einer sozialen Flankierung. An diesen Beispielen sieht man, dass der Staat eingreifen muss, weil der Markt nicht alles regelt. Wir haben das 2007 und 2008 sehr extrem gemerkt, als Marktversagen dazu geführt hat, dass wir nicht nur eine Finanz-, sondern auch eine weltweite Wirtschaftskrise hatten. Gerade ein starker Staat, ein handlungsfähiger Staat hat mit Konjunkturprogrammen, mit Arbeitslosengeld, mit Kurzarbeitergeld gemeinsam mit den Sozialpartnern dafür gesorgt, dass wir sehr erfolgreich aus der Wirtschafts- und Finanzkrise herauskamen. Das ist ein Beweis dafür, dass staatliches Handeln notwendig ist und man dem Markt nicht alles allein überlassen kann. Herausforderungen im 21. Jahrhundert gibt es genug. Die SPD hat ein Alleinstellungsmerkmal, wenn es darum geht, wirtschaftliche Prosperität mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz zu verbinden. Wir waren vor 155 Jahren dabei. Als mit der Industrialisierung Industrie 1.0 entstanden ist, wurde die SPD gegründet. Wir haben die Kompetenz gehabt und Maßnahmen in Gang gebracht, die diese Standards auch bis heute regeln. Der Staat setzt Impulse, wo Defizite sind: in Forschung, in Bildung, in Entwicklung, in Investitionen in Infrastruktur. Das ist ein innovationsfreundliches Umfeld, was Politik garantiert. Die SPD wird erfolgreich daran weiterarbeiten, dass wir dieses erfolgreiche und innovationsfreundliche Umfeld auch zukünftig in der sozialen Marktwirtschaft behalten. Vielen Dank. Vielen Dank, Herr Kollege Westphal. – Als nächste Rednerin erhält das Wort die Kollegin Dr. Sahra Wagenknecht.
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Joana Cotar AfD
Joana
Cotar
AfD
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Es ist 1.19 Uhr, und wir debattieren und verabschieden zu dieser späten Stunde tatsächlich ein Gesetz von nahezu 500 Seiten, das insgesamt 154 Änderungen in Fachgesetzen betrifft, zusätzlich garniert mit ein paar Entschließungsanträgen. Und das alles in neun Minuten! Allein das macht fassungslos. Sie haben in dieses Datenschutz-Anpassungsgesetz alles hineingepackt, was möglich ist, auch sachfremde Änderungen von Gesetzeswerken, die mit der Anpassung an die DSGVO eigentlich gar nichts zu tun haben. Dieses Omnibusgesetz können weder wir hier im Parlament noch die Öffentlichkeit wirklich vollständig durchschauen, und ich unterstelle Ihnen, dass genau das Ihre Absicht ist. Wie hat Herr Seehofer das so freimütig zugegeben: „Man muss Gesetze kompliziert machen. Dann fällt das nicht so auf.“ So versuchen Sie, uns in diesem Anpassungsgesetz auch eine Vorratsdatenspeicherung unterzujubeln, die keine klar definierte zeitliche Obergrenze hat. Sie geben datenverarbeitenden Stellen eine Befugnisausweitung, indem Sie den Begriff „Sperrung“ von Datensätzen durch „Einschränkung“ ersetzen. Sperrung entspricht in Ihrem DSGVO-Äquivalent eigentlich eher dem Recht auf Löschung. Sie ziehen hier also offensichtlich gar nicht erst in Erwägung, dass physikalisch gelöscht werden kann oder sollte; Sie schränken nur ein. Damit zeigen Sie, dass Sie gar kein Interesse daran haben, Behörden und anderen Einrichtungen den Zugriff auf Daten überhaupt je zu entziehen. Auch Einwohnermeldebehörden können weiter munter Bürgerdaten sonst wohin weitergeben. Einschränkungen der Datenverarbeitung seitens der Bürger sind kaum durchsetzbar. Bei der Anpassung des IHK-Gesetzes sorgen Sie dafür, dass die Kammern, die einmal irgendwelche Daten erhoben haben, diese auch munter weiterleiten dürfen. Daten, die einmal im großen Topf gelandet sind, bleiben darin. Gleiches gilt für die Anpassung der Handwerksordnung. In Artikel 123 wird die Tür zur Digitalisierung des Gesundheitswesens geöffnet – eine gute Sache. Gleichzeitig werden aber Widerrufsrechte, die bereits bestehen, gestrichen. Die Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten soll zukünftig erst bei mindestens 20 Mitarbeitern bestehen. Das klingt erst einmal nach einer Entlastung der Unternehmer, ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich die Unternehmen trotzdem an den Datenschutz halten müssen – dann eben ohne Berater, der sich damit auskennt. Die Rechnung wird nicht aufgehen. Besser wäre es, darauf zu drängen, den „One size fits all“-Ansatz der DSGVO zwingend auf den Prüfstand zu stellen und hier wirkliche Verbesserungen für den Mittelstand zu erreichen, meine Damen und Herren. Ich könnte mit meiner Aufzählung noch so weitermachen, aber ich habe nur noch ein paar Sekunden Redezeit. Klar ist: Die AfD wird dieses Gesetz ablehnen. Einzig der Antrag der Koalition „Datenschutz und Meinungsfreiheit in Einklang bringen“ hat mich wirklich überrascht; denn er kam mir sehr bekannt vor. Aus gutem Grund: Er nimmt nämlich genau das auf, was die AfD in ihrem Antrag „Freie Meinungsäußerung sicherstellen ...“ bereits Anfang des Jahres gefordert hat. Damals wurde unser Antrag von allen anderen Fraktionen hier im Hause abgelehnt. Ich freue mich, dass die Koalition hier offensichtlich zur Einsicht gekommen ist und ihre Meinung geändert hat. Wieder einmal zeigt sich: AfD wirkt! Ich bedanke mich dafür und wünsche eine gute Nacht. Vielen Dank, Frau Kollegin Cotar. – Saskia Esken, SPD, Manuel Höferlin, FDP, und Niema Movassat, Fraktion Die Linke, geben ihre Reden zu Protokoll, und Dr. Konstantin von Notz redet jetzt für Bündnis 90/Die Grünen leibhaftig.1  Anlage 13
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Kaweh Mansoori SPD
Kaweh
Mansoori
SPD
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe gestern Abend an einer Diskussionsveranstaltung teilgenommen, mit einem geschätzten Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion und einem geschätzten Kollegen aus der Fraktion der Grünen. Wir haben gemeinsam unter anderem über die Frage nachgedacht, was Demokratinnen und Demokraten tun können, um mehr Menschen von der Handlungsfähigkeit unserer Demokratie zu überzeugen. Ich will einen Gedanken in diese Debatte einbringen, von dem ich jedenfalls sehr überzeugt bin. Ich glaube, es muss uns als Demokratinnen und Demokraten darum gehen, dass wir reale Probleme benennen, aber dann auch Lösungen auf den Tisch legen, die funktionieren. Jetzt will ich das mal in den parlamentarischen Alltag übersetzen, den wir hier haben. Sie haben 16 Jahre aus dem Bundeskanzleramt heraus regiert. Seit Sie das nicht mehr tun, erleben wir im Wochentakt, dass Sie zwei Tage vor Debatten hier Anträge einbringen, in denen Sie mit einer Zahl von Spiegelstrichen vorgeben, alle Probleme auf einmal und sofort zu lösen. Gestatten Sie mir die Bemerkung: Ich finde das nicht besonders glaubwürdig. Weil meine Vorrednerin danach gefragt hat, welche konkreten Maßnahmen die Ampelkoalition unternommen hat, um private und öffentliche Investitionen zu beschleunigen, will ich einfach mal einen Überblick über die Maßnahmen der letzten zwei Jahre geben. Wir haben es in wenigen Monaten geschafft, die Flüssiggasterminals zu planen und aufzubauen, indem wir auf überbordende Regelungen verzichtet haben. Wir haben es mit der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes geschafft, mit bundeseinheitlicher Standardisierung dafür zu sorgen, und zwar ohne Umweltstandards abzusenken, dass Genehmigungsverfahren schneller werden, für mehr Wind an Land, für mehr Wind auf See. Wir beschleunigen und digitalisieren mit dem Gesetz, das morgen hier in zweiter und dritter Lesung vorgelegt wird, Verkehrsinfrastrukturprojekte insbesondere im Bereich von Ersatzneubauten, indem wir auf unnötige Doppelprüfungen verzichten. Das ist eine Forderung, die auch Sie häufig in Debatten erhoben haben. Wir stellen bei Beteiligungsverfahren in der Bauleitplanung das förmliche Verfahren so um, dass es in der Regel digital abzulaufen hat. Wir modernisieren bzw. vereinfachen Verwaltungsabläufe, etwa wenn es um Ausweisdokumente oder Kfz-Neuzulassungen geht. Und überall da, wo es einen hohen Bürgerkontakt gibt, versuchen wir, Prozesse zu standardisieren, zu digitalisieren und zu vereinfachen. Ich will auch noch mal einen Punkt aus Ihrem Antrag ansprechen. Sie bezeichnen da die Kindergrundsicherung als Bürokratiemonster. Über die Details sprechen wir noch. Das Verfahren ist noch lange nicht abgeschlossen. Aber gerade die Kindergrundsicherung ist doch ein Beispiel dafür, wie man diesen Sozialstaat einfacher und transparenter machen kann und wie es Eltern in einfachen Verfahren ermöglicht wird, alle Leistungen aus einer Hand zu bekommen. Daran arbeiten wir, und das ist ein Beitrag zum Bürokratieabbau in diesem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren. An dem Thema „bürgerfreundlicher Sozialstaat“ werden wir auch weiterarbeiten, gemeinsam mit den Ländern. Wir laden Sie auch herzlich ein, gemeinsam mit uns daran mitzuwirken. Wir werden beim Thema Bürokratieabbau nicht nachlassen. Da will ich an Vorbemerkungen anknüpfen, die mein Kollege Lukas Benner gemacht hat, und auch einen Ausblick auf weitere Themen geben, die sich jetzt schon im Geschäftsgang befinden: etwa wenn es um Anlagengenehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz geht, wo wir auch an Vereinfachungen und schnelleren Prozessen arbeiten; etwa wenn es um Stichtagsregelungen geht, damit für Unternehmen klar ist, dass Unterlagen, die zu einem bestimmten Stichtag eingereicht wurden, nicht aufgrund späterer Gesetzesänderungen noch einmal nachgebessert werden müssen; oder wenn es um Vereinheitlichung von Landesrecht geht. Da will ich noch mal einen Appell an Sie richten, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion. Ich höre vor allem aus CDU-geführten Bundesländern, dass die Vereinheitlichung von Bauordnungen nicht machbar sei. Unterstützen Sie uns doch dabei, auch die Länder für einfachere Gesetze zu gewinnen! Das wäre ein echter Fortschritt. Deswegen müssen wir, wenn es um Bürokratieabbau geht, immer auch ein bisschen schauen, was denn hinter diesem Begriff steckt, was in der Box drin ist. Ich lese in Ihrem Antrag, dass Sie als Beispiele für Bürokratieabbau unter anderem die Bekämpfung von Kinderarmut, den Schutz von Menschen- und Arbeitnehmerrechten oder Umweltschutzstandards anführen. Ich will das aus Sicht der SPD-Fraktion in aller Klarheit zurückweisen. Das ist kein Beitrag für Bürokratieabbau, sondern das ist aus der Mottenkiste der CDU/CSU-Fraktion. Ich habe auch Ihren Appell, Herr Dr. Krings, zum Thema „digital statt analog als Standard“ mit großem Interesse vernommen. Ich gehe davon aus, dass Sie dann auch Ihren Widerstand gegen die digitale Arbeitszeiterfassung als Standard aufgeben werden und uns dabei unterstützen, das in diesem Land zum Standard zu machen, um den Papierwust in den Unternehmen zu bekämpfen. Unser Weg, um private und öffentliche Investitionen zu ermöglichen, wird es sein, einfache Gesetze zu machen, eine Personaloffensive auch in den Verwaltungen anzugehen, Mut zur Entscheidung und zum Pragmatismus zu haben und damit dafür zu sorgen, dass die Modernisierung unseres Landes gelingt. Ich komme zum Ende. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, was wir in diesem Land brauchen, ist endlich ein Turbo für Problemlösung, aber kein Turbo für Aktionismus. Herzlichen Dank. Das Wort hat der Abgeordnete Leif-Erik Holm für die AfD-Fraktion.
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Jürgen Hardt CDU/CSU
Jürgen
Hardt
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Botschafter! Als letzter Redner in dieser Debatte möchte ich einige Anmerkungen machen, die uns vielleicht etwas weiterbringen. Zum Ersten fand ich die allermeisten Redebeiträge sehr einfühlsam, sehr sachkundig, sehr empathisch, auch gegenüber den Anliegen der Menschen. Und das, finde ich, ist ein schöner Ausdruck der Wertschätzung für die Menschen in Ruanda. Der Botschafter wird das sicherlich gerne weitergeben. Zum Zweiten ist mir aufgefallen: Wenn man die beiden Reden von Herrn Braun und von Frau Sevim Dağdelen hört, bekommt man ein Gefühl dafür, wo es hingeht: Wenn es in Ostdeutschland eine Mehrheit von AfD und BSW gibt, dann wird das BSW einen AfD-Ministerpräsidenten ermöglichen. Das ist meine große Befürchtung, und das möge der Wähler bitte schön verhindern. Die Rede der Bundesaußenministerin fand ich auch unterstützenswert. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass Sie auf einen besonderen Umstand hingewiesen hätten: dass sich die Vereinten Nationen und das Völkerrecht infolge des Völkermords in Ruanda weiterentwickelt haben. Wir haben die Responsibility to Protect entwickelt. Wir haben gemerkt, dass die UN damals hätte anders agieren müssen. Und wir haben auch einen Konsens, dass das zulässig ist. Insofern, finde ich, sollten wir das auch betonen. Und wir sollten die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Denn in darauffolgenden Ereignissen – ich würde sogar sagen: bis einschließlich 2014, dem Überfall Russlands auf die Krim und die Ukraine – haben wir vielleicht doch zu lange weggesehen und zu wenig konsequent rote Linien beachtet. Das ist eine der wichtigen Lehren: Rote Linien müssen formuliert werden, und sie müssen dann auch im Einklang mit dem Völkerrecht durchgesetzt werden. Im Übrigen möchte ich auch anmerken, dass Deutschland, wie ich finde, sehr gewissenhaft mit seiner Verantwortung gegenüber Ruanda und den Menschen dort umgeht. Es ist schlicht falsch, zu behaupten, wir würden das nicht in angemessener Weise tun. Auch das, finde ich, kann man hier gut richtigstellen. Dann möchte ich sagen: Ich finde den Vorwurf Nicaraguas an Deutschland, wir würden einen Völkermord Israels an den Palästinensern in Gaza unterstützen, unsäglich. Ich sage ganz klipp und klar: Wenn die Hamas ihre Waffen niederlegen würde, würde ab diesem Zeitpunkt kein einziger Palästinenser mehr – weder als Opfer eines terroristischen Schutzschildes noch als Opfer einer Militäraktion der israelischen Streitkräfte – zu Schaden kommen. Der beste Weg zum Frieden im Gazastreifen und zur Verbesserung der humanitären Situation wäre, wenn die Hamas ihren Kampf gegen Israel einstellen würde. Mit Blick auf Ruanda möchte ich sagen: Wir arbeiten mit diesem Land gut zusammen. Es gibt Entwicklungen in diesem Land, die wirklich beeindruckend sind: die wirtschaftliche Entwicklung, auch das, was konkret an Aussöhnung dort stattfindet. Wir beobachten natürlich, dass auch mit massivem Einfluss aus Ruanda im Nachbarland Kongo über kurze Zeit eine doch dramatische Situation entstehen könnte. Und wir müssen meines Erachtens bei aller Freundschaft zu Ruanda auch klarmachen, dass wir der Meinung sind, dass die Ruanda-Regierung auch ihre Lehren aus den Erfahrungen der Vergangenheit ziehen sollte und zum Frieden in der Region vielleicht mehr beitragen sollte, als sie das derzeit tut. Herzlichen Dank. Vielen Dank. – Damit schließe ich die Aussprache.
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Nadine Schön CDU/CSU
Nadine
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie schade, dass dieses Gesetzesvorhaben in der Öffentlichkeit bisher nicht mehr Aufmerksamkeit erfahren hat. Denn mit dieser Reform heute verändern wir das Leben von vielen, vielen Kindern und Jugendlichen in unserem Land. Deshalb war es auch so wichtig, dass wir uns ganz intensiv mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt haben. In meiner letzten Rede hatte ich mich bereits beim Ministerium bedankt, das den von uns eingeforderten ausführlichen Prozess wirklich gut umgesetzt hat. Aber auch wir im Parlament haben uns wochenlang in vielen Gesprächen, Anhörungen, Berichterstattergesprächen und natürlich auch in Gesprächen vor Ort intensiv mit der nicht ganz unkomplexen Materie auseinandergesetzt. Ich finde, das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Deshalb zwei Worte an die Vorredner. Kollege Müller, wenn der ASD in Berlin schlecht ausgestattet ist, dann liegt die Verantwortung in Berlin und nicht bei uns im Bundestag. Deshalb empfehle ich, dass Sie sich bei Ihren Kollegen in Berlin dafür einsetzen, dass auch dort der ASD besser ausgestattet wird. Sie sagen jetzt, das sei in allen Ländern so. Dazu sage ich Ihnen: In Berlin ist es besonders schlecht. Mir gehen an diesem Morgen viele Bilder durch den Kopf, viele Begegnungen der letzten Jahre, wo ich immer wieder festgestellt habe: Da haben wir Probleme im System der Jugendhilfe, da passt was nicht zusammen, da gibt es Schnittschnellen, die besser aufeinander abgestimmt sein müssten. Ich bin wirklich stolz, dass wir heute mit diesem Gesetz viele dieser Probleme lösen. Es gibt zum Beispiel das Projekt „OASE“ aus meiner Heimat, aus St. Wendel; dies ist ein Projekt der Caritas. Dieses Projekt kümmert sich seit Jahren um Kinder psychisch kranker Eltern. Bisher lief das alles ehrenamtlich. Durch Spenden und durch sehr viel Aufwand wurde eine Struktur aufgebaut, mit der man gerade diese Kinder unterstützen konnte. Denn die Eltern sind in psychologischer Behandlung oder auch in ärztlicher Behandlung, aber die Kinder fallen bisher durchs Raster. Sie stellen sich die Fragen: Warum steht der Papa morgens nicht auf? Warum ist die Mama so aggressiv? Wie ist das mit dem Alkohol? Warum sind die manchmal so komisch? Und: Was hat das mit mir zu tun? Bin ich vielleicht schuld? Diesen Kindern zu helfen, ihnen Gesprächsangebote zu machen, ihnen Gruppenangebote zu machen, wo sie sich austauschen können, auch ein Setting zu haben, wo sich die Ärzte miteinander unterhalten können, ist wichtig. Das gab es bisher nicht; das alles musste ehrenamtlich gestemmt werden. Wir als Unionsfraktion haben uns dafür eingesetzt. Ich will besonders Marcus Weinberg und Paul Lehrieder nennen, die an vorderster Front und zusammen mit den anderen Familienpolitikern diesen Prozess in der letzten Legislaturperiode gestartet haben, auch aufgrund solcher Erfahrungen, wie ich sie bei mir vor Ort gemacht habe. Heute haben wir die Lösung. Heute bieten wir gerade für diese Zielgruppe eine passgenaue Lösung an mit Unterstützung, Beratung, ehrenamtlichen Angeboten und Paten. Das wird gerade für diese Kinder ganz viel ändern. Ich denke an die vielen Gespräche mit den Pflegeeltern, die, finde ich, eine wahnsinnig tolle Aufgabe erfüllen, nämlich Kindern eine Heimat zu geben. Sie sagen: Wir machen das gerne. Wir machen das mit Herzblut und geben sehr viel Zeit und Liebe für diese Kinder in unseren Familien. Wir haben aber auch Probleme. Wir leben in einem permanenten Zustand der Unsicherheit. Wir haben oft zu wenig Unterstützung durchs Jugendamt. Wir hängen in der Luft, wenn Kinder erwachsen werden; dann gibt es einen harten Bruch, und das wollen wir eigentlich nicht. Wir wollen sie ins Erwachsenenleben begleiten, bis sie wirklich selbstständig sind. Auch hier setzen wir mit diesem Gesetz an. Wir nehmen die Careleaver in den Blick und ermöglichen Angebote auch über die Volljährigkeit hinaus. Wir schaffen es, dass diese Familien besser unterstützt werden. Und die Kinder werden in Zukunft nicht mehr 75 Prozent ihres Einkommens abgeben müssen, sondern sie werden 75 Prozent behalten können. Einkommen aus Ferienjobs und ehrenamtlicher Arbeit können sie komplett behalten; und das ist auch gut so. Wir nehmen die Familien in den Blick, wo die Kinder in Heimen oder in der Pflegefamilie sind, es aber eigentlich eine gute emotionale Bindung der Eltern zu diesen Kindern gibt. Diese sagen oft: Wir werden zu wenig unterstützt. – Künftig können diese Eltern auch Hilfen zur Erziehung bekommen, wenn die Kinder fremduntergebracht sind. Das ist wichtig; denn viele Kinder wollen zurück zu ihren leiblichen Eltern, und viele leibliche Eltern wollen die Kinder wieder zurückholen und suchen nach Unterstützung, nach Hilfe, um ihre Erziehungskompetenz zu stärken. Auch das ermöglichen wir mit diesem Gesetz. Die behinderten Kinder nehmen wir mit der inklusiven Lösung in den Blick. Wir stärken die Beteiligung. Und – mein Herzensthema – bei sexuellem Missbrauch schaffen wir es, dass künftig der Austausch zwischen den ganzen Fachkräften, zwischen Ärzten und dem Jugendamt besser wird, damit Kinder ganzheitlich in den Blick genommen werden und damit wir Missbrauch und Gewalt vorbeugen können. Auch das ist ein Meilenstein. Deshalb: Herzlichen Dank für dieses gute Gesetz! Damit schließe ich die Aussprache.
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Manuel Höferlin FDP
Manuel
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Sehr verehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Laut dem vorliegenden Haushaltsentwurf verstehen Sie, Herr Innenminister, und Ihr Haus sich als zuständig und verantwortlich für die Netzpolitik. Ich könnte jetzt lange über die jahrelangen Versäumnisse beim E-Government sprechen; Sie haben das Thema selbst angeschnitten. Aber ich will mich auf das Thema IT-Sicherheit, die Achillesferse der digitalen Gesellschaft, konzentrieren. Ich habe ja nur drei Minuten Redezeit. Diese Woche hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, BSI, zusammen mit den Polizeien das Digitalbarometer veröffentlicht. Da ist jetzt aktenkundig, dass es Ihnen nur sehr unzureichend gelingt, die Sicherheit im Internet zu organisieren. Die Zahlen verdeutlichen, dass sich 80 Prozent der Menschen große Sorgen um ihre Sicherheit im Internet machen. Jeder Vierte ist schon einmal Opfer von Cyberkriminalität geworden. Dafür, dass Sie, Herr Minister, nach eigenem Bekunden seit den 80er-Jahren im Internet unterwegs sind und nicht erst seit gestern für die Internetsicherheit zuständig sind, ist das, finde ich, eine verheerende Bilanz. Es zeigt, dass das Thema „Sicherheit im Internet“ bei Ihnen eben nicht gut aufgehoben ist. Durch das, was Sie tun und wie Sie es im Innenministerium gestalten, ist die Internetkriminalität sogar noch gefährlicher. Ich will Ihnen das gerne erklären. In den Ihnen unterstellten Sicherheitsbehörden herrscht Uneinigkeit darüber, was mit Sicherheitslücken bei Computern und Mobiltelefonen der Bürger geschehen soll. Sollen sie zum Ausspähen genutzt werden, oder sollen sie geschlossen werden? Es geht um Millionen von Geräten, Millionen von Handys und Computern der Bürgerinnen und Bürger, die letztlich unsicher sind, weil Sie, also Ihre Behörden, Sicherheitslücken dauerhaft offenlassen. Mit klangvollen Namen wie dem IT-Sicherheitsgesetz – oder wie Sie gerne sagen: Internetsicherheitsgesetz 2.0 – erwecken Sie erst einmal den Anschein von Sicherheit. Sie gehen davon aus, dass das die Sicherheit steigert. Aber am Ende tun Sie und Ihre Behörden genau das Gegenteil. Sie wollen einige wenige Kriminelle kriegen und dafür deren Geräte ausspionieren und lassen gleichzeitig bei Millionen Geräten die Sicherheitslücke offen. Dabei verkennen Sie völlig, dass diese Sicherheitslücken natürlich nicht verborgen bleiben, sondern Internetkriminelle diese morgen für ihre Machenschaften nutzen. Die Wahrheit ist: Mit diesem Hickhack lassen Sie die Sicherheit schleifen und steigern eben nicht die Sicherheit im Internet. Letztlich sind Sie Mitverursacher. Dabei könnten Sie viel mehr tun. Zum Thema E-Government könnte man noch viel mehr sagen. Aber ich will nur drei Dinge zum Thema IT-Sicherheit ansprechen: Nehmen Sie das BSI endlich aus der Verantwortung des Ministeriums! Lassen Sie es frei! Wir wollen es gerne bei einem Digitalministerium angesiedelt sehen, damit dieser Kampf zwischen Sicherheit und Eingriff aufhört. – Geben Sie den Menschen auch die Mittel in die Hand, sich selbst zu schützen. Wir haben im Bundestag einen Antrag zum Anspruch auf Kryptographie eingebracht. Wir wollen, dass sich die Menschen selbst schützen können. – Und zuletzt – das fehlt in Ihrem Haushalt völlig –: Mittel für die Stiftung Datenschutz. Sie lassen sie am langen Arm verhungern. Dabei ist das eine Schnittstelle, die dafür sorgen kann, dass sich Menschen selbst schützen. Ich hoffe, dass wir als Parlament das im Haushalt korrigieren können und dafür Mittel freimachen. Es gibt einen offenen Brief, den ich voll und ganz unterstütze. Die Stiftung Datenschutz darf nicht sterben. Herzlichen Dank. Jetzt erteile ich das Wort Dr. André Hahn, Die Linke.
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Uwe Schmidt SPD
Uwe
Schmidt
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Moin, Frau Präsidentin! Moin, Kolleginnen und Kollegen! Oben sitzt eine Hanseatin, einer hat gerade vorgetragen: Kollege Ploß. Ich sage gleich was dazu, wie Planungsbeschleunigung und Verständigung geht. Am 15. Dezember letzten Jahres hat die „Esperanza“ in Wilhelmshaven festgemacht; das wird Ihnen ja nicht ganz entgangen sein. Das Schiff dient dort als schwimmende LNG-Plattform. Nach nur zehn Monaten Planung und Bauzeit hat das erste deutsche Terminal für den Import von Flüssiggas seine Arbeit aufgenommen. Mein Dank geht an die Bundesregierung und an alle Beteiligten vor Ort in Niedersachsen, die den Bau in Rekordzeit ermöglicht haben. Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist das Thema Versorgungssicherheit in den Mittelpunkt gerückt – auch nichts Neues. Unsere Häfen haben in Zukunft eine größere Bedeutung bei der Energieversorgung; das haben Sie eben in Teilen angesprochen, Herr Ploß. Wir müssen uns aber auch bei den Energiequellen deutlich breiter aufstellen. Dazu gehört auch der Aufbau der nötigen Infrastrukturen, damit unsere Häfen ein Tor zum Weltmarkt für grüne Energieträger werden können. Und wir dürfen bei der Energieversorgung nicht von einer Ressourcenabhängigkeit in eine Transportabhängigkeit steuern. Um uns in der Energie- und Grundstoffversorgung dauerhaft unabhängig zu machen und die Versorgungssicherheit für unseren Industriestandort zu gewährleisten, benötigen wir eine hochflexible Tankschiffflotte in staatlicher Hoheit. Diese soll nicht nur LNG, sondern perspektivisch auch Wasserstoffderivate transportieren können. Der Bau einer solchen Flotte würde übrigens auch unsere Werften und die Zulieferindustrie auslasten und damit die maritime Wirtschaft stärken und Arbeitsplätze in unserem Land sichern. Zur Neuaufstellung unserer Handelspolitik gehört auch eine strategische Fokussierung auf die deutschen Seehäfen; das ist richtig, Herr Ploß. Wir stärken unsere Häfen als zentrale Warenumschlagplätze und Energiedrehscheiben. Der Bund steht zur gemeinsamen Verantwortung für die notwendigen Infrastrukturen. Das haben wir übrigens in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben; das gab es mit der Union vorher nicht. Viele haben noch die Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal vor Augen. Schiffe dieser Größe bergen ein erhebliches Risiko für Bevölkerung, Küste und Umwelt. Das Bundesverkehrsministerium – Herr Ferlemann kann davon ein Lied singen; der hat ja lange da gearbeitet – hat endlich erkannt, welche hohen Risiken von solchen übergroßen Schiffen ausgehen, wenn diese die Zufahrt zum Hamburger Hafen, zu den bremischen Häfen oder die Kadetrinne in der Ostsee blockieren. Mit der staatlichen Vorhaltung von Präsenzschleppern soll hier vorgesorgt werden. Für den Einsatz von Schleppern auf Bundeswasserstraßen und auf seewärtigen Zufahrten in den Häfen sollen die deutsche Flagge und damit verbindliche Arbeits-, Sicherheits- und Sozialstandards vorgeschrieben werden. – Die Kollegen klatschen; da haben sie recht. – Einen entsprechenden Haushaltsbeschluss gibt es ja bereits. Bitte setzen Sie den Beschluss zügig im Bundesverkehrsministerium um! Der Staatssekretär a. D. kann auch ein Lied davon singen, dass das manches Mal ein bisschen lange dauert. Viele europäische Staaten machen das nämlich bereits so. Internationale Großreedereien, die aus marktstrategischen Gründen ihre eigenen Schlepper mitbringen, darf es bei uns so nicht geben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch immer werden 90 Prozent des internationalen Warenhandels über den Seeweg umgeschlagen. Ohne Frage: Unsere Häfen sichern Deutschlands Rolle als eine der führenden Exportnationen der Welt. Unsere Häfen müssen anfangen, stärker zusammenzuarbeiten. Darum begrüße ich die Entwicklung einer Nationalen Hafenstrategie. Die Potenziale der Digitalisierung, Automatisierung und Innovation müssen ausgeschöpft werden, um die maritime Ausbildung und Beschäftigung zukunftsfähig zu gestalten. Die Schifffahrt und die Seehäfen sind nur so gut wie die Menschen, die an Bord und an den Kajen arbeiten; das haben Sie eben gar nicht erwähnt, Herr Ploß. Wir müssen die Beschäftigten bei diesem Transformationsprozess mitnehmen und die Arbeitsplätze im gesamten maritimen Cluster damit dauerhaft sichern. Der Plan zur Erarbeitung der Nationalen Hafenstrategie ist ambitioniert; aber spätestens im Herbst zur Nationalen Maritimen Konferenz in Bremen müssen erste Ergebnisse vorliegen. Ich persönlich wünsche mir die stärkere Einbindung des Parlaments. Wir und Sie haben dazu auch die Expertise. Wir erwarten dann auch greifbare Resultate und nicht nur ein weiteres Papier zum Thema Hafen; davon haben wir genug. Ich bin sicher: Diese Koalition wird auch hier Antworten geben, die in die Zukunft gerichtet sind. Schauen, was geht, nicht immer nur aufzeigen, was nicht geht! Liebe Union, ich hätte mir gewünscht, dass die Forderungen, die Sie jetzt in Ihrem Antrag aufgestellt haben, bereits in den letzten Jahren von Ihnen gekommen wären. Dann müssten Sie den Antrag heute gar nicht erst einbringen; das hätten Sie mit uns als SPD schon längst haben können. Dann wären wir jetzt ein gutes Stück weiter. Aber Ihre CSU-Minister hatten ja mit Salzwasser nicht ganz so viel am Hut. Fakt ist: China redet nicht nur von der Neuen Seidenstraße, dort setzt man um, vor allen Dingen zulasten der europäischen Häfen insgesamt. Hier gilt es, nicht nur zuzusehen, sondern auch zu handeln. Ihr Antrag ist aus meiner Sicht bereits durch Regierungshandeln dieser Fortschrittskoalition erledigt. Wir geben unsere maritime Infrastruktur, Kollege Bareiß, und die exzellenten nautischen Kenntnisse deutscher Seeleute nicht weiterhin preis, wie das unter der Union ständig fortgeführt worden ist. Ich sage nur: Schiffsbesetzungsverordnung; das war Ihr Kollege Dobrindt. Wir treten für die Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen auf europäischer Ebene ein und sichern so die Wettbewerbsfähigkeit unserer deutschen Seehäfen. Dafür werde ich mich weiter einsetzen. Ich bedanke mich und freue mich auf die weitere Beratung. Nächster Redner ist René Bochmann für die AfD-Fraktion.
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Susann Rüthrich SPD
Susann
Rüthrich
SPD
Kommen wir aus dem Kabarett wieder in den Bundestag zurück. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder sind unsere Zukunft – ja, aber nicht nur; sie sind ja schon da. Genau genommen geht es nicht einmal um uns, sondern um sie, um die Kinder, und zwar um ihrer selbst willen. Es geht um das heutige Leben von allen Kindern in unserem Land, wenn wir fordern: Kinderrechte müssen endlich den Stellenwert bekommen, den die Kinder verdienen. Sie müssen auf Augenhöhe mit den anderen Grundrechten kommen. Wir haben gerade den 70. Geburtstag unseres Grundgesetzes gefeiert, und am 1. Juni hatten wir den Kindertag. Mit Kinderrechten im Grundgesetz wäre jeder Tag Kindertag; denn um das Wohlergehen der Kinder und ihre Entwicklung hat es uns allen an jedem Tag im Jahr zu gehen. Da wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mit Ihnen, liebe Grüne und Linke, einig sind, freue ich mich, dass wir heute diese Debatte führen. Noch mehr freue ich mich aber, dass wir uns auch in der Regierung einig sind. Deswegen hat die SPD mit der CDU/CSU im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen. In der Kinderkommission des Bundestages haben wir uns schon in der letzten Legislaturperiode unter meinem Vorsitz angeschaut, wie es um die Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland bestellt ist. Da gibt es noch eine ganze Menge zu tun; denn es kommen nicht alle Kinder zu ihrem Recht, wie es eigentlich möglich und nötig wäre. Kinder, deren Eltern wenig Geld haben, sind oft ausgeschlossen, haben schlechtere Chancen in der Schule, sind weniger gesund. Ja, Kinderarmut hat Folgen. Ich persönlich setze mich daher schon lange für eine Kindergrundsicherung ein und will, dass kein Kind in Deutschland mehr arm ist. Wir schauen aber beispielsweise auch auf die Kinder mit Behinderungen. Welche Kämpfe müssen sie und ihre Eltern ausstehen, um endlich zu ihrem Recht zu kommen? Sie haben aber das Recht, gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft zu sein. Davon sind wir noch viel zu weit entfernt, trotz all der großen Schritte, die wir unzweifelhaft getan haben. Kinder mit Migrationsbiografien – entweder bei sich selbst oder in ihren Familien – erleben weiterhin Diskriminierung. Das geht nicht. Flüchtlingskinder sind sogar an vielen Stellen viel zu lange abgeschottet und ausgeschlossen. Sie spielen im Asylverfahren de facto kaum eine Rolle. Auch das geht nicht. Solange Kinder, deren Geschlecht nicht eindeutig Junge oder Mädchen ist, wie es die Mehrheitsgesellschaft oft erwartet, sogenannte Interkinder, immer noch unnötigerweise geschlechtsangleichenden Operationen ausgesetzt sind, müssen wir uns um die Kinderrechte und das Recht auf körperliche Unversehrtheit und freie Entwicklung der Identität der Kinder weiterhin sorgen; denn diese Kinder können sich nicht wehren. Nur einmal nebenbei: Das Recht auf Spiel und frei gestaltete Zeit für Kinder ignorieren wir Erwachsenen umso lieber und sehr gern. Nachdem wir die Kinder mit unseren ökonomisch geprägten Leistungsanforderungen so richtig schön vollgestopft haben, behaupten wir hinterher immer noch, dass die Jugend von heute quasi kaum noch lesen und schreiben könne. Was für ein fürchterliches Bild zeichnen wir häufig von unseren Kindern und Jugendlichen? – Hören Sie doch einmal auf, immer dazwischenzuquatschen. Sie wollten hierher, also müssen Sie mir jetzt auch zuhören. Als Mutter von drei kleinen Kindern und als jemand, die Bildungsarbeit in Schulen mit jungen Ehrenamtlichen gemacht hat, als ehemalige Vorsitzende eines Kinder- und Jugendverbandes kann ich nur sagen: Unsere Kinder sind großartig. Jeder junge Mensch ist wunderbar und in unserer Gesellschaft herzlichst willkommen. Da wir dies hier deutlich machen können, freue ich mich über die heutige Debatte. Nachdem Kinder- und Jugendverbände, Kinderärzteverbände und andere, auch zusammen mit vielen in den Parteien, lange Zeit für die Kinderrechte im Grundgesetz gekämpft haben, wird es in diesem Jahr hoffentlich endlich so weit sein, wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich hier einen Ruck geben und mit uns zusammen Ja sagen. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe arbeitet und wird uns hoffentlich in diesem Jahr einen Formulierungsvorschlag vorstellen. Über die Bundesländer werden auch Sie, liebe Grüne und Linke, die Möglichkeit haben, Ihre Formulierungsvorschläge einzubringen. Ich gehe davon aus, dass Sie das tun werden. Ich erwarte, dass wir dann hier im Parlament über einen umfassenden Vorschlag diskutieren und nicht über den kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe irgendwie einigen konnten. Was wir nicht brauchen, ist, jetzt Formulierungen zu beschließen, wodurch wir mehrere parallele Verfahren hätten. Den Formulierungsvorschlag der Arbeitsgruppe können wir, wenn wir ihn endlich bekommen und kennen, mit unseren umfassenden Formulierungsvorschlägen und Vorstellungen abgleichen. Es geht um Schutz, Förderung, Entwicklung und Beteiligung. Ohne Beteiligung ist das Wohl des Kindes überhaupt nicht zu ermitteln. Ohne Beteiligung funktioniert auch Kinderschutz nicht. Ein Kind muss erfahren und erlebt haben, dass seine Meinung, seine Rede eine Wirkung hat, damit es sich im Ernstfall auch an Erwachsene wendet, wenn ihm etwas zugestoßen ist oder ihm etwas angetan wurde. Es geht auch nicht um irgendeine Förderung, um irgendeinen Schutz, sondern um den bestmöglichen. Das ist der Geist, den die Kinderrechtskonvention atmet. Es muss unser Anspruch und unser Versprechen sein, dass wir jedem Kind und jeder Familie die bestmöglichen Bedingungen schaffen. Wir stärken mit den Kinderrechten die Eltern; denn sie sind die Sachwalter der Rechte ihres Kindes. Sie sollten nicht kämpfen müssen, um mit ihrem Kind zu ihrem Recht zu kommen. Geben Sie sich also einen Ruck. Lassen Sie uns die Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen, unserem Grundgesetz die Kinderrechte schenken; denn die Kinderrechte stünden unserem Grundgesetz unheimlich gut. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Matthias Seestern-Pauly für die FDP-Fraktion.
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Eckhardt Rehberg CDU/CSU
Eckhardt
Rehberg
CDU/CSU
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Weidel, die Tonlage, in der Sie eben vorgetragen haben, erinnert mich an manche Veranstaltung, wo Erich Honecker und/oder Walter Ulbricht gesprochen haben. Genau das war die Tonlage. Was Sie hier machen wollen, ist eine Verhetzung gegen Europa und eine 70-jährige Friedensgeschichte, die unsere Nachkriegsgeschichte ist. Das ist das, was Sie hier abziehen. In Ihrem Antrag, den Sie als Sachantrag bezeichnen, sind Verschwörungstheorien, Halbwahrheiten und Unwahrheiten enthalten, und Sie fordern die Bundesregierung, Sie fordern den Deutschen Bundestag zum Rechtsbruch auf, nämlich zum Rechtsbruch gegenüber der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Das ist mit uns nicht zu machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn Sie meinen, dem deutschen Steuerzahler weismachen zu können, dass er und wir als Bundesrepublik Deutschland durch die europäische Einigung – dieser Prozess hat Mitte der 50er-Jahre begonnen und fand im Vertrag von Maastricht seine Vollendung – und, was die Geldpolitik betrifft, mit der Gründung der Europäischen Zentralbank Nachteile erfahren, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass der Euro der Bundesrepublik Deutschland, seinen Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft Vorteile in Milliardenhöhe gebracht hat. Deutschland stände heute nicht so da, wenn wir nicht Europa und den Euro hätten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen legen wir als Union sehr viel Wert darauf, dass Europa nach schwierigen Jahren wieder wettbewerbsfähig wird. – Wissen Sie, ein bisschen Benehmen gehört im Deutschen Bundestag mit dazu; nicht mehr und nicht weniger. Wir sind seit 2009/2010 nach der Finanzkrise durch eine schwierige Zeit im Euro-Raum gegangen. Wir haben in verschiedenen Stufen dafür gesorgt, dass der Euro-Raum zusammenbleiben konnte. Das war insbesondere im Sinne der Bürgerinnen und Bürger Europas und insbesondere im Sinne der deutschen Bürgerinnen und Bürger. Wenn wir das nicht gemacht hätten, was wir getan haben, auch die EZB – – – Frau Kollegin Weidel, wenn Sie von „Vertragsbruch“ sprechen, dann gucken Sie sich die Urteile des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts an. Ich warte in Ruhe das Urteil des EuGH und des Bundesverfassungsgerichts zum letztgenannten Fall ab. Sie suggerieren in Ihrem Antrag, dass das Bundesverfassungsgericht Ihren Aussagen zustimmen würde. Mitnichten ist das so. Sie tricksen mit wörtlicher Rede rum. Es ist infam, wie Sie Ihren Antrag aufgebaut haben. Mehr kann ich Ihnen zu diesem Thema nicht sagen. Wir begreifen europäische Solidarität als Hilfe zur Selbsthilfe. Mit den Programmländern Portugal, Spanien, Irland und Zypern – auch Griechenland ist durchaus auf einem guten Weg – haben wir miteinander dafür gesorgt, dass sich der Euro-Raum insgesamt stabilisiert. Das war ein Beitrag zur Konkurrenzfähigkeit Europas und des Euro-Raums in einer globalisierten Welt. Das, was Sie wollen, heißt, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Das ist mit diesem Deutschen Bundestag nicht zu machen, zumindest nicht mit der Mehrheit. Danke schön. Nächste Rednerin für die SPD-Fraktion ist Kollegin Bettina Hagedorn. Bitte schön.
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Michael Kruse FDP
Michael
Kruse
FDP
Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wird ja hier manchmal recht absurd. Dass ausgerechnet Joschka Fischer als Zitategeber dafür herhalten muss, dass man sich von Russland abhängiger machen soll, habe ich mir niemals vorstellen können, und ich spreche ja noch nicht mal für die Grünen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Realität in diesem Land ist eine ganz andere. Gerade die deutschen Häfen – darüber reden wir hier – haben uns geholfen, den Energiekrieg, den Russland gegen Deutschland begonnen hat, abzuwehren. Es waren die deutschen Häfen, die in der Coronakrise für offene Transportwege und Warenlieferungen gesorgt haben. Es waren die Häfen, bei denen wir mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz das Rekordtempo, Deutschlandtempo nennen wir es neuerdings, umsetzen konnten, um in Rekordzeit Infrastruktur in diesem Land zu schaffen, damit unsere Energieversorgung auch in schwierigen Zeiten gesichert bleibt. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von rechts außen, wir tun alles, damit das, was Sie hier den ganzen Tag runterbeten, nicht Realität wird. Ich stelle fest: Die deutschen Häfen haben in den letzten eineinhalb Jahren einen herausragenden Beitrag genau dafür geleistet. Deswegen ist es sehr richtig, dass dieser Antrag genau jetzt kommt; denn die Nationale Maritime Konferenz steht bevor. Ich freue mich sehr, dass wir heute mit großer Zustimmung aus dem Hause einen so qualifizierten und großen Antrag beschließen können. Apropos großer Antrag: Da bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Grosse-Brömer. Sie haben vorhin gesprochen und festgestellt, was noch alles zu tun ist. Mit den meisten Punkten haben Sie, ehrlich gesagt, recht gehabt. Ich möchte Ihnen einmal eine Situation schildern, die die Ausgangslage, die wir vor eineinhalb Jahren übernommen haben, beschreibt: Wenn ein Lotse in der Deutschen Bucht an Bord eines Schiffes steigt, auf dem 20 000 Container geladen sind, dann kann es ihm passieren, dass er es nicht mal schafft, mit dem Handy seine Kolleginnen und Kollegen anzurufen. Das ist die Lage, die wir am Ende des Jahres 2020 von Ihnen übernommen haben. Ich persönlich bin heilfroh, dass der Digitalminister Volker Wissing jetzt an diesem und an vielen weiteren Themen arbeitet. Geben Sie uns also noch ein bisschen Zeit, hinter Ihrer Politik hinterherzuarbeiten. Wir kriegen das in den Griff. Ich möchte dem Kollegen Schmidt gerne zustimmen bei dem Thema Level Playing Field, und ich möchte ihm insbesondere auch zustimmen beim Thema Einfuhrumsatzsteuer. Für unsere Fraktion ist die heutige Debatte eine besondere. Das ist eben schon deutlich geworden. Mit Hagen Reinhold verlässt uns ein hochgeschätzter Kollege. Hagen Reinhold, ich möchte mich persönlich bei dir für unsere Zusammenarbeit bedanken. Als ich in die Bundestagsfraktion der FDP kam, warst du schon hier, hast die maritimen Themen bearbeitet. Wir haben intensiv zusammengearbeitet: vor meiner Zeit hier, in unserer gemeinsamen Zeit. Ich schätze dich persönlich, menschlich und fachlich. Ich stelle einmal fest – ich glaube, auch für die ganze FDP-Fraktion und für die meisten Menschen in diesem Haus –: Menschen wie du tun diesem Parlament richtig gut, nicht nur weil du viel Ahnung hast von den Themen, über die du redest, sondern weil du auch menschlich eine richtig verlässliche Größe bist. Ich wünsche dir auch im Namen unserer Fraktion für deinen weiteren Lebensweg, wie man bei uns im Norden so schön sagt, immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel. Ich finde es bemerkenswert, dass du als Person in einer souveränen Situation dieses Parlament verlässt. Manche werden hier rausgewählt. Das Beste, was man erzielen kann, ist, dass man den Zeitpunkt selber bestimmt, wann man ein Parlament verlässt. Du hast diesen Zeitpunkt bestimmt, und ich finde, das ist ein respektabler Schritt für deine persönliche Zukunft. Alles Gute von uns. Vielen Dank. Oliver Grundmann hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
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Dr.
Dr. Marcus Faber FDP
Marcus
Faber
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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über den Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Ausland, außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland, und dafür gibt es viele Beispiele. Wir haben beispielsweise Bundeswehrsoldaten in Frankreich in Évreux, wir haben Bundeswehrsoldaten in den USA in El Paso. Wir haben häufiger über Bundeswehrsoldaten im Einsatz in Mali oder in Afghanistan diskutiert. Hier geht es heute um Bundeswehrsoldaten in Litauen. Manche dieser Stationierungen sind mandatiert, andere nicht. Es gibt zwei Kriterien, die unterscheiden, welche Einsätze mandatiert werden und welche nicht. Das erste Kriterium ist: Sind diese Soldaten im Bündnisgebiet der NATO, sind sie innerhalb unseres Bündnisgebietes eingesetzt? Deswegen mandatieren wir auch nicht den Einsatz in Frankreich oder in den USA. Wenn Sie hier behaupten, wir müssten den Einsatz in Litauen mandatieren, implizieren Sie eigentlich, dass Litauen kein vollwertiges NATO-Mitglied ist. Das finde ich, ehrlich gesagt, eine Frechheit. Ich war vor gut einem Jahr in Litauen. Ich habe dort mit Litauern gesprochen, mit Militärangehörigen, aber auch Zivilisten. Die Litauer sind froh, dass sie Mitglied der NATO sind, weil sie sich sicher sind, dass ihr Staat ansonsten nicht mehr existieren würde. Die Litauer haben gesehen, dass die Russen in Georgien einmarschieren. Die Litauer haben gesehen, dass es eine russische Invasion in der Ostukraine gab. Die Litauer haben auch gesehen, dass die Krim von Russland besetzt wurde. Die Litauer leben in einem sehr kleinen Land, ähnlich wie die Esten und die Letten, und die Litauer möchten gern, dass es ein demokratischer Rechtsstaat bleibt. Bei dieser russischen Außenpolitik sind sie sich da nicht so sicher. – Ich habe ihn sogar dabei. Zweites Kriterium: Befindet sich die Region, in die wir Soldaten schicken, derzeit in einem bewaffneten Konflikt, oder steht ein solcher Konflikt unmittelbar bevor? Litauen ist zum Glück ein sehr friedliches Land. Wenn es nach uns geht, dann bleibt es übrigens auch dabei. Sie hingegen tun hier so, als würde ein bewaffneter Konflikt in Litauen unmittelbar bevorstehen, und das wundert mich doch sehr; denn sowohl vom rechten Rand als auch vom linken Rand höre ich doch immer wieder, wie nett der Putin doch eigentlich ist und dass er es doch gar nicht so ernst meint, dass der doch eigentlich nur ein bisschen kuscheln will. Das beißt sich mit Ihrem Antrag. Deswegen sage ich: Beide Kriterien werden hier nicht erfüllt. Solche Übungen wie die Enhanced Forward Presence in Litauen sind deswegen sinnvoll, genauso wie die Übung „Defender 2020“, eine Verlegeübung, die wir dieses Jahr in Deutschland durchführen. Weil Sie gerade den Antrag angesprochen haben, sage ich Ihnen: Ich habe ihn nicht nur gelesen, ich habe ihn sogar dabei. Das ist der gesamte Antrag; der inhaltliche Teil sind drei Absätze. Ich bitte Sie – Sie sind ja seit zwei Jahren hier –, sich doch einfach mit der Materie ein bisschen intensiver auseinanderzusetzen und vielleicht etwas mehr Gedankengänge zu investieren. Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Kollege Dirk Vöpel.
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Helin Evrim Sommer DIE LINKE
Helin Evrim
Sommer
DIE LINKE
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie viele von Ihnen waren schon einmal in dem größten Flüchtlingslager der Welt in Cox’s Bazar in Bangladesch? Ich war schon dort. Dort leben fast 1 Million Menschen. Es sind Rohingya, die aus Myanmar vor dem Militärregime flüchten mussten. Sie leben so eng wie in einer Sardinenbüchse beieinander. Der einzige Schutz der Flüchtlinge gegen das Coronavirus ist eine Behelfsklinik mit 1 700 Betten – mehr nicht. Die Situationsberichte aus den ärmeren Ländern zeigen eines: Corona kann man allein, sozusagen im eigenen Vorgarten, nicht erfolgreich bekämpfen. So aber will die Fraktion ganz rechts das Problem bekämpfen. Ohne eine studierte Virologin zu sein, kann ich Ihnen noch mal versichern: Das Virus spricht kein Deutsch und lässt sich auch von nationalen Grenzen nicht aufhalten. Bundesentwicklungsminister Müller hat zum Glück mehr Weitblick: „Corona besiegen wir weltweit oder gar nicht.“ Leider geben Ihnen, Herr Müller, die Zahlen recht: 400 000 Tote weltweit. In Brasilien müssen Verstorbene inzwischen tiefgekühlt werden, weil es nicht genügend Särge gibt. Das Corona-Sofortprogramm der Bundesregierung in Höhe von über 4 Milliarden Euro entspricht auch der Intention unseres Antrags. Nur muss man bei der GroKo wieder einmal das Kleingedruckte lesen; denn 1 Milliarde Euro aus dem BMZ-Haushalt soll durch Mittelumschichtungen zusammenkommen – so Ihr Ansatz. Deutschland unterstützt zum Beispiel die berufliche Bildung von Frauen im Irak, ein wichtiges Projekt, das mir sehr am Herzen liegt. Wenn Sie das Geld umwidmen, ist das der falsche Weg. Das erschwert den Schritt, die Wirtschaft nach der Pandemie wieder schnell in Schwung zu bringen. Umschichtung schafft nur neue Lücken. Deswegen werden wir uns bei dem Antrag der Großen Koalition auch enthalten. Das Gleiche gilt für den Antrag der FDP. Kurz zum Antrag der Grünen. Interessanterweise wollen die Grünen wie die GroKo die 4 Milliarden Euro auf zwei Jahre strecken. Wir meinen: Die ärmsten Länder brauchen die Hilfe sofort. Deshalb werden wir uns bei dem Antrag der Grünen ebenfalls enthalten. Im weltgrößten Flüchtlingslager in Bangladesch ist der erste Coronafall übrigens Mitte Mai aufgetreten. Die 1 700 Betten in der Notklinik sind meines Wissens inzwischen alle belegt. 4 Milliarden Euro ohne Hin- und Herschieben, damit retten wir Menschenleben, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen. In diesem Sinne: Vielen Dank. Vielen Dank, Helin Evrim Sommer. – Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Agnieszka Brugger.
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Dr.
Dr. Dietmar Bartsch DIE LINKE
Dietmar
Bartsch
DIE LINKE
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin, Sie haben im vergangenen Jahr gegen den Rat auch der Opposition die Pandemiebekämpfung in die Ministerpräsidentenkonferenz verlagert – ein Gremium, das das Grundgesetz nicht kennt. Dieser Weg, Ihr Weg der Pandemiebekämpfung ist gescheitert. Die im Kanzleramt geschaffenen Handlungsleitplanken haben das Land in die dritte Coronawelle manövriert. Wir haben seit November einen permanenten Halb-Lockdown und sind immer nach der Welle. Es ist uns nicht gelungen, hier wirklich eine Veränderung vorzunehmen. Dann kam das bekannte Osterruhe-Desaster nach der letzten MPK. Ich hätte erwartet, dass Sie direkt danach mit wirkungsvollen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung in den Bundestag zurückkehren. Sie haben bei Anne Will gesagt: Viel Zeit haben wir nicht mehr. – Das ist drei Wochen her. Passiert ist danach nichts. Sie sagen: Das Virus versteht kein Zögern. – Aber die Lage ist jetzt so, dass es bereits zehn nach zwölf ist: Die Inzidenz steigt. Die Auslastung der Intensivbetten steigt. Es gibt dramatische Appelle, nahezu täglich, von den Intensivmedizinern. Die Folgen bei jungen Menschen, Long Covid, werden immer deutlicher sichtbar. Das ist die reale Situation. Das Versagen der Verantwortlichen im Umgang mit dieser Krise erscheint vielen Bürgern inzwischen als unverzeihlich, meine Damen und Herren. Und dazu gibt es eine chaotische Kommunikation. Wir sehen es doch in anderen Ländern – lieber Herr Lindner, ich muss darauf hinweisen –: In Großbritannien öffnen die Pubs. In Israel öffnet man die Strände. Ich kann Ihnen sagen, wie diese Länder aus der Pandemie gekommen sind: Über millionenfache Impfungen und über konsequentes Handeln, meine Damen und Herren! In den USA werden täglich 4 Millionen Menschen geimpft. Bei uns liegen 4 Millionen Impfdosen rum, und der Gesundheitsminister hat dafür keine reale Erklärung. Inzwischen sind 22 Prozent der Amerikaner vollständig geimpft, 57 Prozent der Israelis, 24 Prozent der Chilenen. Und bei uns? Der zentrale Punkt, warum Deutschland beim Impfen sogar unter dem EU-Schnitt liegt, ist Ihrem Impfversagen und der Bürokratie geschuldet. Vier Monate zu spät bestellt! Das sind die vier Monate, die es jetzt für die Bürgerinnen und Bürger besonders schwer machen, meine Damen und Herren. Das ist die reale Lage. Da, wo die Bundesregierung in der Pflicht war, haben Sie es eben vielfach nicht hinbekommen. Was macht eigentlich die Corona-Warn-App? Was ist denn eigentlich damit? Sie gucken gerade darauf, wie es mit ihr steht. Was ist denn mit den bundesweiten Tests? Bis heute bestehen diese Mängel fort, und das Infektionsschutzgesetz behebt eben keinen davon. Es ist gut, dass die Bundesregierung auf dem Weg zurück in den Deutschen Bundestag ist. Aber es ist inakzeptabel, dass Sie den Bundestag faktisch mit diesem Gesetz nicht stärken, sondern entmachten und selbst einen Blankoscheck haben wollen. Das ist keine Stärkung des demokratischen Verfahrens, sondern eine Abrissbirne für den Parlamentarismus. Und dann fällt Ihnen nach 14 Monaten vor allen Dingen die Ausgangssperre ein, und zwar eine bundesweite Ausgangssperre. Das ist richtig: Es gibt lange Ausgangssperren. Das ist auch möglich; das ist auch völlig in Ordnung. Aber das ist so widersinnig wie die Osterruhe. Es ist rechtlich höchst bedenklich. Es ist ein Grundrechtseingriff. Die Aerosolforscher haben natürlich eine ganz andere Position. Sie sagen: Die Gefahr lauert in den Innenräumen. – Es geht doch um den Abendspaziergang oder das Jogging. Stellen Sie mal vor, Sie haben Homeoffice gehabt, Sie haben Homeschooling gemacht, und dann wollen Sie abends um 21 Uhr als alleinerziehende Mutter noch einmal für eine halbe Stunde raus, und das dürfen Sie nicht aufgrund Ihrer Beschränkungen! Kontaktbeschränkungen ja; aber das ist nicht die Lösung. Impfen, das ist der Schlüssel. Wo ist denn der angekündigte Impfturbo? Wo sind denn die neuen Produktionsstätten? Wo ist eine nationale Teststrategie? Nicht die Ministerpräsidenten sind das Problem, sondern es sind die Minister der CDU und der CSU im Bund. Sie haben hier schlecht regiert. Deswegen ist die Lage so, wie sie ist. Es ist übrigens besonders verwerflich – weil Sie hier so laut sind, Herr Brinkhaus –, dass die Union das ganze Land mit ihren Personalproblemen belästigt. Es ist verwerflich! Das sind die schwersten Tage der Pandemie, und Sie reden über Söder und Laschet und darüber, wer hier denn im nächsten Bundestag Oppositionsführer ist. Lassen Sie das endlich! Das wäre sinnvoll, meine Damen und Herren. Der Bund war während der gesamten Pandemie nicht in der Lage, für Schulen Luftfilter und für Lehrer rechtzeitig Impfstoffe zu beschaffen, und nun soll das Kanzleramt autorisiert werden, in Passau oder in Rostock die Schulen zu schließen? Das ist niemandem zu vermitteln, meine Damen und Herren. Das ist die Situation. Kinder sind bei Ihnen nämlich der blinde Fleck, lieber Herr Brinkhaus. Kinder sind bei Ihnen der blinde Fleck in der Pandemiebekämpfung. Die Schulen hatten bei Ihnen nie Priorität. Zu Kindern und zu Familien sind Sie in der Pandemiebekämpfung hammerhart. Aber in der Wirtschaft, da sind Sie wachsweich. Das ist die Situation. Haben Sie eigentlich Sorge, dass die Union keine Spenden für die Bundestagswahl kriegt? Sie haben hier elf Leute, die wegen Korruption letztlich zurückgetreten sind. FC Eigene Tasche – das ist doch bei der Union derzeit der Fall. Ihnen fehlt immer noch der Fokus. Pandemiebekämpfung bedeutet immer auch Einschränkung im Privaten bei Ihnen, bei den Haushalten; aber es geht nie darum, die Wirtschaft auch mal in Fokus zu nehmen. Es geht nicht darum, die Wirtschaft anzuhalten – darum geht es nicht –, aber es muss darum gehen, das Arbeitsleben sicherer zu machen und Ansteckungen zu verhindern. Kein Kotau vor den Wirtschaftsverbänden! Kontaktbeschränkungen ja, aber nicht so, wie Sie das hier machen. Was wir den Schülern zumuten, das muss bei Unternehmen doch gang und gäbe sein. Das wäre die Wahrheit. Frau Bundeskanzlerin, die Fraktion Die Linke kann so Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Ich hoffe auf Veränderung im parlamentarischen Verfahren. Sie erhalten von meiner Fraktion keinen Blankoscheck für Ihre Pandemiebekämpfung. Das Gesetz ist kein schnelles Instrument zum Brechen der dritten Welle. Es ist vielfach autoritäre Symbolpolitik. Verbarrikadieren Sie sich nicht im Kanzleramt. Ich rate Ihnen – unabhängig von dem Gesetz –: Wir brauchen endlich einen breiten Dialog, einen Dialog auch von Virologen und Ärzten, aber eben auch Pädagogen, Psychologen, Wirtschaftswissenschaftlern, Künstlern, Gewerkschaften usw. Nur dann werden wir Vertrauen zurückgewinnen können. Das ist das wichtigste Kapital, das wir haben, und das haben Sie leider vielfach missbraucht. Herzlichen Dank. Jetzt hat das Wort die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Frau Göring-Eckardt.
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Matthias Moosdorf AfD
Matthias
Moosdorf
AfD
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Scholz’sche Zeitenwende gilt auch für das deutsche Selbstverständnis, von unserem Lande dürfe nie wieder Krieg ausgehen. Im Grundgesetz und in Artikel 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrages ist das klar definiert. Die Forderung, Waffenexporte nachhaltig zurückzufahren, war zudem immer ein wichtiger Bestandteil vieler Wahlprogramme. Man wollte mit einer – Zitat – „restriktiven Ausfuhrkontrolle europäische Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete“ beenden. Diese Bundesregierung aber verantwortet nun die höchsten Exporte von Waffen und Kriegsgerät seit Bestehen der Republik. Im Jahre 2023 wurden 12 Milliarden Euro genehmigt. Europaweit haben sich die Zahlen in fünf Jahren verdoppelt. Deutschland übernehme die Verantwortung für die Sicherheit Singapurs, erklärte Bundeskanzler Scholz beim Stapellauf von U-Booten in Kiel. Israels Sicherheit ist Staatsräson. Mit Taiwan wird die nächste vermutete Konfliktregion schon mal verbal aufmunitioniert. Unter den Drittstaaten sind in der Statistik mehrere Probleme: Katar und selbst Saudi-Arabien, das eine Allianz im Jemen-Krieg anführt. Dabei hatte die Ampelkoalition noch getönt – Zitat –: „Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“ Das Brechen selbstgestellter Regeln rechtfertigte die Außenministerin damit, dass man ja nicht direkt liefere, sondern dass es sich um europäische Rüstungsprojekte handele. Anscheinend geht es also um laxere statt strengere Exportregeln in der Rüstungsindustrie. Sie sagt: „Wir Deutschen sind da in einer Bringschuld. Mit unserem Wertevorbehalt stellen wir uns quasi über unsere europäischen Partner.“ Ursprünglich geplant war von dieser Bundesregierung ein Rüstungsexportkontrollgesetz, in dem strengere Kriterien festgelegt werden sollten. Das ist eigentlich auch dringender denn je; denn angesichts von Leid und Zerstörung sollten alle politischen Anstrengungen heute darauf gerichtet sein, Kriege wie im Jemen und in der Ukraine zu beenden. Stattdessen wird eine Eskalationsdynamik entfacht mit dem Ruf nach immer mehr und immer schwereren Waffen. Menschen, die diplomatische Lösungen anmahnen, werden als „Putin-Versteher“ denunziert. Zu Recht stellt der Journalist Herbert Prantl fest: „Es ist … fatal und unendlich töricht, dass hierzulande schon die Wörter ‚Waffenstillstandʼ, ‚Friedensappellʼ und ‚Friedenʼ als anrüchig gelten, wenn sie im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg gebraucht werden. Es ist fatal, wenn das Werben für eine diplomatische Offensive fast schon als Beihilfe zum Verbrechen bewertet wird.“ Meine Damen und Herren, die Frage lautet also: Warum soll ein Gremium der wenigen Entscheidungen treffen, wenn damit das Leid von vielen potenziell verlängert wird? Laut verschiedener Umfragen lehnen fast zwei Drittel aller Deutschen Waffenexporte in Konflikt- und Krisenregionen grundsätzlich ab. In der Präambel des Grundgesetzes haben wir uns verpflichtet, dem Frieden in der Welt zu dienen. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete dienen aber nicht dem Frieden, sondern befeuern und verlängern den Krieg, vom oft ungeklärten Endverbleib der Waffen gar nicht zu reden. Wir Mitglieder des Bundestages müssen daher als Vertreter des deutschen Volkes an der Entscheidung, ob und wohin Deutschland Waffen liefern soll, unbedingt beteiligt werden. Wir fordern die Bundesregierung deswegen auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der dem Deutschen Bundestag ein Vetorecht mit nachträglichem Abweichungsvorbehalt für die Genehmigung von Kriegswaffenexporten einräumt. Dieses soll mindestens dann gelten, wenn in bewaffneten Auseinandersetzungen diese Waffen zu einer Eskalation beitragen oder wenn bestehende Spannungen und Konflikte durch diesen Export erst ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden. Der verstorbene Satiriker Wiglaf Droste sang einst: „Ist das Hirn zu kurz gekommen, wird sehr gern Moral genommen.“ Wertegeleitete Rüstungsexporte sind nicht in deutschem Interesse. Diese Bundesregierung muss in ihrem Handeln durch den Bundestag effizient kontrolliert werden. Ich habe gerade gefunden: Roderich Kiesewetter hat exakt das gefordert, 2013: Vetorecht des Bundestages für Waffenexporte, und zwar explizit für solche in Krisenregionen. Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte. Sie waren mit Ihrem Denken schon mal wesentlich weiter, meine Herren, wesentlich weiter. Heute sind Sie die Kriegstreiberpartei Nummer eins. Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss. Mit einem Kanzler Merz stünden wir mit beiden Beinen schon in einem Krieg. Sie sollten sich was schämen! Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Reinhard Houben, FDP-Fraktion.
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Albrecht Glaser AfD
Albrecht
Glaser
AfD
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fußball-Deutschland erlebte beim Spiel der Nationalmannschaft gegen Frankreich eine Schrecksekunde, als ein Paraglider bei seinem Demonstrationsflug beinahe eine Katastrophe ausgelöst hätte. Dieser Vorgang ist nach geltender Rechtslage Ausfluss einer gemeinnützigen Betätigung von Greenpeace. Eben die Frage, was eigentlich gemeinnützig im Sinne des Steuerrechtes sein könne, hatte die Steuerverwaltung auch im Falle von Attac zu entscheiden. Das politische Netzwerk Attac entstand in Deutschland mit einer „Erklärung für eine demokratische Kontrolle der Finanzmärkte“. Diese Resolution wurde von verschiedenen linksgerichteten Organisationen und von Politikern von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD unterzeichnet. Nach den Feststellungen des Hessischen Finanzgerichts betätigte sich Attac wie folgt: Der Verein „erhob konkrete steuerpolitische Forderungen zur Einnahmeverbesserung des Gesamtstaats, übte Kritik an dem Gesetzesvorschlag der Bundesregierung, wandte sich mit einem Online-Appell an Bundeskanzler/in und Bundesminister/innen …, veranstaltete Unterschriftensammlungen und forderte ‚die Politikʼ auf, Beteiligungsgesellschaften wie Investmentfonds nicht mehr steuerlich zu begünstigen“, und forderte, staatliche politische Projekte „der demokratischen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterwerfen“. – Zitat Ende. Zutreffend musste dann auch der BFH 2019 zu dem Schluss kommen, dass es bei den von Attac betriebenen inhaltlichen Kampagnen nicht um die Vermittlung von Bildungsinhalten ging, sondern um eine – Zitat – „öffentlichkeitswirksame Darstellung und Durchsetzung eigener Vorstellungen zu tagespolitischen Themen und damit um die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und auf die öffentliche Meinung“. In seiner zweiten Entscheidung im Rahmen der Revision am 10. Dezember 2020 wurde der BFH dann noch deutlicher: „Die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die Gestaltung der öffentlichen Meinung ist kein eigenständiger gemeinnütziger Zweck i. S. von § 52 AO.“ Und: Der Kläger könne das BFH-Urteil „nicht durch sein Begriffsverständnis von politischer Bildung in Frage stellen“. – Zitat Ende. § 57 Absatz 2 Abgabenordnung erlaubt derzeit den Zusammenschluss steuerbegünstigter Körperschaften zu einer Art steuerbegünstigter Konzernkörperschaft. Zudem ist es nach § 58 Abgabenordnung steuerbegünstigten Körperschaften erlaubt, eigene steuerbegünstigte Einnahmen an andere steuerbegünstigte Körperschaften weiterzuleiten. Dabei stellt sich die Frage, ob dies vereinbar ist mit dem Prinzip der Unmittelbarkeit der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke durch eine Körperschaft, die von Mitgliedern und Spendern konkrete Zuwendungen auf einen konkreten Zweck bezogen erhält. Denn die unmittelbare Zweckverfolgung ist Voraussetzung zur Erlangung des Status der gemeinnützigen Organisation. Angesichts einer durch ein Bundesobergericht geklärten Rechtslage konnte man erwarten, dass nunmehr bundesweit die Finanzämter ihre Gemeinnützigkeitsfälle darauf überprüfen – insbesondere auch durch tatsächliche Nachschau –, ob sich darunter vergleichbare Organisationen befinden, die zu Unrecht Steuerbegünstigungen erhalten, zumal diese Privilegien gewaltig sind: keine Körperschaftsteuer, keine Grundsteuer, keine Erbschaft- und Schenkungsteuer, eine ermäßigte Umsatzsteuer. Zudem haben gemeinnützig anerkannte Organisationen die Berechtigung zur Erteilung von Spendenbescheinigungen an natürliche Personen und Unternehmen. Beide Gruppen können jährlich bis zu 20 Prozent ihrer Einkünfte bzw. Gewinne solchen Organisationen zuwenden und solche Beiträge und Spenden von ihrer steuerlichen Bemessungsgrundlage abziehen. Bei so viel Subventionen blüht der Missbrauch. Daher kann man dann motorisierte Paraglider zum Einsatz bringen, Demonstrationen veranstalten mit Großgerät zur Lärmerzeugung und Reisekostenerstattung für die Teilnehmer, Flugblätter drucken, Werbeauftritte finanzieren, Geschäftsführergehälter in gemeinnützigen Organisationen zahlen in Höhe von Vergütungen, die für Bundestagsabgeordnete gezahlt werden usw. usw. Ein gewisser Transfer von Abgeordneten zu solchen Geschäftsmodellen ist nicht zu übersehen. Mit solchen Steuersubventionen wird eine ganze Kulisse sogenannter zivilgesellschaftlicher Organisationen errichtet, die dann schlechter Politik direktdemokratische Legitimation verleihen sollen. Dies alles ist wohl der Grund, weshalb der Bundesfinanzminister mit den Länderfinanzministern eine Art Nichtanwendungserlass bis Ende 2021 vereinbart hat. Das ist ein Skandal und eine Aushebelung der Rechtsprechung, meine Damen und Herren. Seine Absicht war dabei wohl, in dieser Legislaturperiode die Missbräuche von Greenpeace, Attac und Co gesetzgeberisch zu legalisieren. Das ist glücklicherweise bis heute nicht gelungen. Wir beantragen daher, der bestehenden Rechtslage schnellstens Geltung zu verschaffen und zusätzlich den Katalog der Förderungszwecke in § 52 Abgabenordnung zu durchforsten. Er enthält Gummiklauseln wie zum Beispiel in Ziffer 25 – ich zitiere – „die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke“. Hier ist dringend gesetzgeberische Klarstellung erforderlich. Auch erschlichene oder missbräuchliche Gemeinnützigkeit, meine Damen und Herren, ist Steuerhinterziehung, auch und gerade wenn sie durch linke Kampforganisationen begangen wird. Herzlichen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Christian von Stetten, CDU/CSU.
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